drullses Challenge 2013 - der Bericht eines laaaangen Tages Ich versuche mal, mich kurz zu fassen, sonst wird das nie fertig hier...
Pre Race:Den Werdegang des Trainings kann man ja
hier nachlesen. Anreise war geplant für Dienstag Abend und ich geb zu - ich war mehrfach kurz davor, wieder alles auszupacken und zu Hause zu bleiben. Aber gut, irgendwann landeten wir im Landkreis. Maja wollte zumindest ein wenig trainieren, wenn sie schon nicht starten kann und ich mein Standard-Programm abspulen. Sportlich gesehen war das alles weiterhin nicht brauschend und die richtige Stimmung kam auch nicht auf aber was solls. Ich war gewillt, das Rennen "abzuarbeiten" und so solide wir möglich das Ziel zu erreichen. Das Wetter sollte nahezu perfekt werden, wenig Wind, keine Hitze und trocken. Das Material war verbereitet, lediglich die letzten Dinge wie Verpflegung, Beutel packen etc. dauerten wieder viel zu lange, weil ich dazu einfach keine Lust hatte. So war dann erst um 1:00 das Licht aus vor dem Rennen, was mir aber keine Sorge bereitet. Schon Cyrille Guimard, der Fignon zu Tour-Siegen führte und Lemond ins Weltmeistertrikot pflegte zu sagen "Große Rennen werden nach schlaflosen Nächten vollbracht!" So war es dann auch - ich konnt so gut wie nicht schlafen. Insgesamt wird es nicht mehr als eine Stunde gewesen sein, nachdem was ich auf der Uhr immer gesehen habe.
Race Day:Um 3:50 klingelte dann der Wecker und ich war wach. Kurzes In-mich-lauschen zeigte: es ist Wettkampftag aber ohne mich. Keinerlei Regung zu spüren.
Also aufstehen, anziehen, Frühstück, der erste Kaffee nach einer Woche Koffein-Wash-Out und der Erfolg lässt nicht lange auf sich warten, so dass eine der wichtigsten Tapereinheiten vor dem Rennen schon zu Hause erledigt ist. Mittlerweile spüre ich dann doch eine gewisse Nervosität. Vielleicht kommt ja doch noch was...
Um 4:20 setzen wir uns in Auto und fahren los. Die Stimmung ist grandios um diese Zeit: es dämmert, die Wiesen dampfen, 10°C, fantastisches Wetter kündigt sich an. Am Start dann die bekannte Mischung aus Hektik und betriebsamen Schweigen, die altbekannte Musik, so dass ich mich dem dann doch nicht mehr entziehen kann und langsam etwas flauf im Magen werde. Die Vorbereitungen laufen problemlos, hier und da ein kurzes Hallo, zu mehr bin ich an solchen Tagen nicht zu haben. Nochmal das Dixi aufgesucht (allerdings unverrichteter Dinge) und dann ist es auch langsam Zeit, in den Neo zu steigen. Während dies bei den letzten drei Rennen problemlos ging, habe ich diesmal Schwierigkeiten, den Anzug richtig anzubekommen. Irgendwann bin ich aber dann doch drin und bahne mir meinen Weg durch die schon wartenden Frauen zum Wasser. Da es schon etwas später als geplant ist, fallen meine normalerweise eingelegten 2-3 Minuten in Ruhe treibend mit Blick auf die Kanalbrücke inkl. Rekapitulation des letzten halben Jahres aus und ich schwimme zur Startlinie.
Der Startschuß fällt aus, irgendwann hebt sich die Leine und es geht los. Wie üblich am Start erstmal wüste Keilerei aber das legt sich hier nach ein paar Metern in der Regel. So auch heute. Ich komme in meinen Rythmus und peile die erste Boje an. Läuft. Denke ich... Nach ca. 500m fängt es an, in den Oberarmen zu ziehen. Innenseite. Fühlt sich wie überdehnt an und vor allem so, als würde ich bei kräftigerem Armzug irgendwann Krämpfe bekommen. Na prima, das hatte ich auch noch nie. Also schön locker weiter und schauen, was passiert. Nachdem mich dann schon vor der ersten Wende die ersten Frauen einholen weiß ich, dass ich wirklich langsam unterwegs bin.
Der Rückweg läuft ebenso schleppend, die Kanalbrücke kommt einfach nicht näher. Irgendwann dann die nächsten grünen Kappen und ich weiß jetzt schon, dass ich auf alle Fälle über 1:16 unterwegs sein werde. Schließlich ist der Schwimmausstieg erreicht, Uhr gedrückt aber nicht raufgeschaut, Beutel geschnappt, Neo auf und rein ins Zelt. Neo aus, Riegel in die Taschen und los. Immerhin stehen noch ein paar Räder meiner Startgruppe da...
Der Blick auf die Uhr zeigt über 1:20 Std. Au weia, jetzt bloß nicht den letzten Rest Motivation verlieren.
Damit nicht zuviel Getränk aus der Blase am Sattel schwappt, trage ich das Rad mehr als dass ich es über die holprige Wiese schiebe, kostet vermutlich auch nochmal ein paar Sekunden aber das ist jetzt auch egal. Rauf auf die Kiste, Schuhe an, über die Brücke und los. Vor mir dank der Schwimmzeite eine Perlenkette von deutlich langsameren Radlern, also etwas Aufpassen. Der Blick auf den Puls sagt: alles im grünen Bereich. So kann es weitergehen. Ich fahre also artig mit einem Auge auf dem Pulser, da ich mir ein Überziehen in meiner jetzigen Form wirklich nicht leisten kann. Regelmäßig trinken, nach Plan essen und kurbeln. Das sollte ja nicht so schwer sein.
Am ersten Anstieg vor Heideck ist es noch etwas eng, wie üblich werde ich bergauf überholt und hole mir die Leute bergab wieder. Leider fährt hier auch ein etwas unsensibler Kampfrichter mit, der einen meiner Mitstreiter mit einer Zeitstrafe belegt und der ist definitiv nicht Windschatten gefahren. Tut mir wirklich leid für den Kerl, er kanns auch nicht begreifen. Durchgreifen ist ja schön und gut aber bitte mit Augenmaß... Selingstätter Berg ist ok, die Rennstrecke über Thalmässing (wo ich an der Stelle meines letztjährigen Unfalls kurz die Luft anhalte) nach Greding auch und auch der Kalvarienberg geht locker weg. Nach wie vor schaue ich nur auf den Puls, Tempo interessiert mich absolut nicht. Ich bin bei ca. 150-152 Schlägen, am Berg bis knapp 160. Paßt immer noch. Auch die Strecke über Weinsfeld, Tiefenbach, Unterrödel rollert sich gut weg, so dass ich langsam den Glauben bekomme, den Radpart doch anständiger abzuliefern als befürchtet. Der Solarer Berg ist wie üblich das Highlight, allerdings muss ich zugeben, dass ich diesmal nicht ganz so emotional mitgenommen werde. Angesichts des Spaliers bis fast zu Verpflegung fange ich mir schon an, Gedanken zu machen, wo ich nachtanken kann aber das klappt auch alles bestens.
Weiter geht es den Rest der Runde und auf in die zweite. Das 90er Schild kommt und damit ist schon die Hälfte rum.
...
Und ungefähr einen Kilometer später fahre ich wie gegen eine Wand. Von einem Tritt auf den anderen ist Sense. Ich bekomme kaum die Kurbel rum und verstehe nicht was los ist. Der Versuch, sofort mit Ernährung gegenzuhalten scheitert. Ich bekomme einfach nichts runter. Weder fest noch flüssig. Was das für die restliche Strecke bedeutet, weiß ich natürlich sofort, nur - was machen? An der nächsten Verpflegung nehme ich zwei Gels mit aber schon alleine das erste in den Mund zu drücken reicht aus, um mir das Gefühl zu geben, gleich kommt alles hoch. Mist. Also erstmal rausnehmen in der Hoffnung, das hilft - tut es nicht. Auf dem Weg nach Greding wird mir schon klar, dass es ab jetzt richtig schwer wird.
Planmäßig tanke ich eigentlich das zweite Mal in Greding nach, der Blick auf die Autobahn und den Stau dort lässt aber schon ahnen, dass das Support-Team vermutlich nicht dort stehen wird. Kein Problem, ich hatte schon damit kalkuliert, erst in Weinsfeld nachzukippen und zur Not in Greding eine normale Flasche zu nehmen und einen großen Schluck aber jetzt geht eh kaum was rein, somit ist mehr als genug Verpflegung an Bord. Leider ist mein Kraft aber schon so am Ende, dass ich den Kalvarienberg fast nicht mehr hoch komme. Jeder weitere kleinste Steigung muss ich auf dem kleinen Blatt fahren, der Wind lässt mich fast verzweifeln. Aero-Position ist auch kaum noch möglich, die Kraft reicht nicht mal mehr dafür. Auf dem Weg Richtung Karm kann ich nur noch daran denken, wie ich mich 2010 im Ziel hingelegt und ne Stunde geschlafen habe, fühle mich einfach nur müde. Kein Wunder, wenn man unterzuckert ist.
An der Verpflegung zwischen Weinsfeld und Eysölden steht der Support und ich rolle einfach aus und halte an. Ende. Nichts geht mehr. Der Versuch, einen Riegel vielleicht wenigstens im Stehen zu essen mißlingt ebenfalls, trinken geht auch nicht. Nach wie vor weiß ich nicht warum. Was ich aber weiß: es sind noch 40 Km, ein paar Hügel und zwei davon so, dass mir graut. Nach ein paar Minuten rolle ich langsam weiter, nehme mir noch eine Flasche Wasser und versuche, wenigstens davon etwas zu trinken aber auch das schlägt nahezu fehl. In solchen Momenten glaube ich, dass mir meine überlangen Touren, die hin und wieder im Hungerast enden helfen, denn dieses Gefühl, auf der letzten Rille noch ne Stunde weiter zu fahren, kenne ich halt. So auch jetzt. Irgendwie geht die Runde rum. Ich schätze mich auf 5:35 - 5:40 Std. Fahrzeit und hake Sub10 damit ab.
Nach nicht enden wollenden letzten Kilometern ist dann doch irgendwann die Wechselzone ins Sicht, der Wechsel selbst geht problemlos vonstatten. Ich lasse mir Zeit, gehe nochmal aufs Dixie und wandere durch die Verpflegungsstelle, kurz Gesicht gewaschen und mal mit nem Schwamm abgeschrubbt, ein Becher Cola und dann geht es los. Zu meiner Überraschung war die Radzeit mit 5:22 doch nicht so langsam wie gedacht aber nach 6:48 loslaufen in dem Zustand - da ist klar, dass es deutlich über 10 Stunden wird am Ende. Ans Aufgeben denke ich jedoch nach wie vor keine Sekunde, auch wenn ich ahne, dass der Tag lang wird.
Der Plan für's laufen ist einfach: erstmal los, kein Blick auf Uhr oder Puls und die Verpflegung etwas umstellen. Wasser, Salz, Gel, Cola, schauen was überhaupt reingeht. Meine kleine Flasche nehme ich trotzdem mit, vermute aber, dass ich das Zeug eher nicht runterbekommen werde (was dann auch so ist). Ein wenig bitter ist es natürlich schon, wenn man von Läufern überholt wird, die sichtbar langsam unterwegs sind, aber was hilft's. Wenn ich jetzt nicht meinen Rythmus laufe, dann bin ich an der Lände komplett breit. Nachdem ich Cola und Gel zu mir nehmen kann, mein Iso aber nicht, kippe ich die Flasche aus und fülle Salzwasser ein, dazu dann erstmal weiter nur Cola und an jedem zweiten Verpflegungspunkt ein Gel. Im Schlappschritt bis Schwanstetten, dort dann die Flasche mit Cola gefüllt und ansonsten weiter bei der Verpflegung bleiben - scheint zumindest nichts zu verschlimmern.
Auf dem Rückweg in Richtung Lände merke ich dann aber schon, dass die Kraft endgültig zur Neige geht. Der Puls tuckert noch mit knapp 130 vor sich hin und habe das Gefühl, ich bin in einer Art Notlaufprogramm, wie es moderne Motoren haben, wenn die Steuerelektronik versagt. Man kann dann zwar nicht mehr schnell fahren aber es geht vorwärts. An den Verpflegungsstellen lasse ich mir Zeit. Bisschen abkühlen (viel ist da nicht nötig, so warm ist es nicht und ich schwitze eh kaum noch), hin und wieder etwas Salz oder Brühe, ein Gel und Cola.
Bei Km 27 ist der Ofen dann ganz aus. Irgendwo im Waldstück vor Eckersmühlen bleibe ich einfach stehen. Ungeplant, ungewollt - die Beine stoppen ganz einfach. Nach ein paar Schritten gehen laufe ich wieder an aber das tut jetzt wirklich weh. Also eiere ich noch langsamer weiter, dem zweiten Wendepunkt entgegen. Dort erstmal ein paar Minuten Pause, ein Pläuschen und dann geht es heim. Ab und an muss ich ein paar Meter gehen, ansonsten schlurfe ich vor mich hin. Erst ab der Lände kann ich zumindest wieder so etwas wie traben und laufe den Rest bis auf einen Stop an einer Verpflegungsstation durch. Die Zielzeit ist mir vollkommen egal, dass der Marathon 4:51 Std. dauert hätte ich jedoch nicht gedacht. Nach 11:41 Std. bin ich im Ziel und werde zum ersten Mal von Felix begrüßt, der sonst immer zur Pressekonferenz ist, wenn ich ins Ziel komme.
Danach kann ich mir nur noch ins Zelt schleppen und hinsetzen. Zweimal lege ich mir für einige Minuten hin, irgendetwas zu mir nehmen geht kaum und der Kreislauf ist richtig im Keller. So gelitten habe ich wirklich noch nie bei einer LD. Besser geht es erst, als ich aus dem Zelt raus bin, wo die Luft einfach besser ist. Nach 3 Stunden gibt es dann eine Portion Gyros und langsam erwachen die Lebensgeister wieder. Danach noch Feuerwerk und ab nach Hause. Die traditionelle Tomatensuppe fällt ebenfalls aus und ich ins Bett.
After Race:Montag und Dienstag hänge ich einfach nur rum. Der Körper ist müde, muskulär kaum kaputt, was mich nicht wundert und während ich sonst auch geistig erschöpft bin ist das diesmal nicht so. Da spürt man die fehlende Intensität doch deutlich.
Trainieren tue ich die Woche trotzdem nicht, radel nur mal zur Arbeit und sonst nix.
Rennfazit: ich hatte sowas befürchtet, allerdings nicht in dieser Form. Da stimmte was mit der Ernährung gar nicht (ich denke ich weiß auch was), so dass die fehlende Form dann nur noch das Tüpfelchen obendrauf war. Ärztlich durchchecken werde ich mich auf jeden Fall lassen und an der einen oder anderen Stellschraub, auch was die Sitzposition angeht, werde ich auch nochmal drehen. Für's erste aber hat mit dieser Wettkampf NICHT die Lust am Sport genommen und ich bin ein Stück weit stolz, dass ich mich durchgebissen habe - das war diesmal wirklich knapp davor, dass ich aussteige.