So, dann mal die letzten Tage nachgetragen...
Freitag:
geplant war Rad, Havelhügel und alles was hochgeht wird angetreten. Geworden sind es 60 Km Havelhügel und alles was hochgeht angetreten - nur war da nicht viel mit antreten. Beine irgendwie leistungsunwillig. Mir fehlt einfach die Kraft. Wie immer halt...
Samstag:
trainingstechnisch ein merkwürdiger Tag. Morgens 2,5 Km zum THW getrabt, Beine wie Blei, Tempo deutlich über 5 min/km. Am späten Nachmittag dann vom THW zum Schwimmbad, 3 Km, Beine gefühlt kaum besser, Tempo gesamt danach dann aber schon unter 5 min. 2000m geschwommen, Arme lahm, Hunger, kalt, irgendwie bäh. Anschließend doch noch wie geplant in Richtung Teufelsberg aufgemacht, Plan waren zwei Runden dort, je Runde 4 knackige Anstiege. Ob das was wird? In der ersten Runde fühlt es sich einfach nur hart an aber es geht besser als gedacht, die zweite Runde läuft dann schon viel besser. Eine dritte Runde kneife ich mir, weil der Magen knurrt und es auch langsam dämmert. Aber immerhin. Am Ende 22 Km in 1:44 Std. Auch gut.
Kleine Anekdote am Rand: ich komme die ehemalige Rodelbahn am Teufelsberg hoch, oben ordentlich was los, diverse Grüppchen picknicken etc.. Eine Gruppe Jugendlicher sitzt genau im Weg, ich laufe drumrum und bekomme natürlich blöde Sprüche wegen meiner Laufhosen (normale Laufhosen kennt ja heute kaum noch jemand...). Nur ein Mädel schnauzt ihren Freund an, der sich lustig macht: "Guck mal hin, DAS sind O-B-E-R-S-C-H-E-N-K-E-L-M-U-S-K-E-L-N!!!" Fast bin ich geneigt, zurück zu rufen: "Nein, das sind Problemzonen!" Denn außer dass die Keulen elend schwer sind, helfen Sie mir ja kaum. Druck auf dem Rad ist nicht und beim Laufen bergauf bremst das auch nur...
Sonntag:
laaaange Runde. Tempoarbeit auf dem Rad schön und gut, Ausdauer muss halt auch sein. Nachdem ich im September schonmal die Oder hochgefahren war, wollte ich das nochmal tun, diesmal aber nicht für den Rückweg in den Zug steigen. Wecker auf 6:00, kurze Gedenkminute ob das wirklich sein muss und dann angezogen und los. 7:30 geht der Zug nach Cottbus, pünktlich um 8:58 bin ich dort und radel los. Der Wetterbericht spricht von 10-20°C, Nordwestwind 2, gegen abend drehend auf Osten. Würde bedeuten, gegen Ende der Tour Rückenwind. Auf den ersten Meter Richtung Neiße allerdings wird mir auch klar: die Windrichtung bedeutet, dass ich auf dem Deich dann gute 170 Km gegen den Wind fahre... Und auch wenn 2 Windstärken nicht viel sind, auf Dauer nervt das dann doch.
Angesichts des schönen Wetters rechne ich mit einigen Menschen auf der Strecke, deshalb am Abend vorher noch ne Klingel ans Rennrad geschraubt (Rennrad, weil ich solche Touren grundsätzlich GA1 fahre und deswegen kein Aero-Equipement brauche). Erstaunlicherweise sind aber weniger Leute unterwegs als Anfang September, trotzdem ist es schon erstaunlich, wie sehr es immer wieder runterbremst, wenn man die anderen umfahren muss.
In Cottbus lege ich 39/15 auf, draußen dann 39/14 und bis auf einen Anstieg hinter Frankfurt bleibt der Gang eingelegt bis Km 205... Kurbeln, kurbeln, kurbeln. Das ist auch das Ziel der Übung.
Auf dem Weg zum Fluß rolle ich durch menschenleere Gegenden, menschenleere Dörfer - alles wie ausgestorben. Nach 27 Km stehe ich dann an der Neiße. Wie beim letzten Mal ist es am Deich dann fast still. Lediglich ein paar Frösche hier und da und ein paar singende Vögel, ansonsten nix. Ein Traum. Auch das Wissen, dass fast eine LD-Radstrecke lang autofreie Strecke vor einem liegt ist fantastisch. Ich lasse es rollen, die Strecke ist ja noch bekannt, der Garmin zeigt wie mittlerweile leider üblich über weite Strecken nix im Display an wo eigentlich die Route zu sehen sein sollte. Naja, meine Meinung zu diesem Gerät ist ja bekannt...
Vor Guben nehme ich wieder den falschen Weg, ein paar Kilometer Holperpiste und Sandstraße aber das ist ok. Nach ca. 70 Km rolle ich durch Ratzdorf. Hier mündet die Neiße in die Oder. Der Pegel dort zeigt 3,39 m (erschien mir wenig, eben mal nachgeschaut, in der vergangenen Woche fiel der Pegelstand um einen Meter, seitdem steigt er wieder). Erinnerungen werden wach an den Sommer 1997, als hier 6,91 m gemessen wurden. Es gibt so Dinge, die vergisst man nicht. Nach einer Nacht im Auto auf dem Rückweg aus der Schweiz direkt zum THW und mit dem Hubschrauber nach Eisenhüttenstadt, um zu versuchen den Deich an der Ziltendorfer Niederung noch zu retten (was nicht gelang, die Niederung lief dann voll, auch in Aurith konnte der Deich damals nicht mehr gerettet werden). Anschließend dann noch eine gute Woche mit dem LKW im Einsatz - war schon beeindruckend damals.
Nachdem ich das letzte Mal etwas in Getränkenot kam, soll diesmal Frankfurt/Oder nach rund 115 Km der erste Tankstop werden. Tankstelle mit Wasserhahn reicht ja. Wenn ich denn eine finden würde... Ehe ich mich versehe, bin ich wieder raus aus der Stadt und das mit leeren Flaschen. So war's nicht gedacht. Nächster Ort: Lebus, 14 Km. Nu gut, mal sehen was ich da finde.
In Lebus gibt es dann Gaststätten und ich denke mir, dann kaufe ich halt Wasser, was soll's. Das erste angelaufene Lokal hat dann aber ein externes Toilettenhäuschen - so ist's natürlich noch besser. Flaschen voll und weiter. Mittlerweile nervt der Wind tatsächlich etwas aber noch sind rund 70 Km bis zum Abzweig vom Deich weg. Die Landschaft zieht vorbei, auf der deutschen Seite eintönig, flach und grün, auf der polnischen Seite etwas welliger und bewaldet. Dazwischen eine ziemlich gut gefüllte Oder (was wie oben geschrieben optisch nicht so recht zum Pegelstand passte).
Die letzten 20 Km am Deich mit dem Wind im Gesicht will ich dann aber doch nur noch endlich abbiegen. Dabei merke ich gar nicht, dass der Wind nicht dreht wie angekündigt sondern sich von Nordwest eher noch nach West orientiert... In Hohenwutzen, nach rund 202 Km verlasse ich den Deich. Von hier geht es eigentlich nur noch gradeaus bis nach Hause. Rund 80 Km lang. Auch hier muss ich an eine Anekdote vom Hochwassereinsatz denken: mein damaliger Zugführer wurde ebenfalls per Hubschrauber eingeflogen, mit an Bord Geotextil-Rollen, die zum Abdichten des Deiches benutzt wurden. Der Hubi setzte ihn auf einem Feld kilometerweit von Hohenwutzen entfernt ab, die Besatzung wünschte einen schönen Tag und verschwand. Und er stand im Funkloch mit 10 Rollen Geotextil da...
Der Plan für die restlichen Kilometer war ja Rückenwind und noch etwas Tempo machen. Das sah der Wind anders und kam nun von vorne. Herrlich... Weil es ja noch nicht lang genug ist, drehe ich eine Extra-Schleife dank falsch aufgestelltem Radwegeschild und mache in Bad Freienwalde eine unplanmäßige Stadtrundfahrt - aber gut, hat man wenigstens was gesehen...
Hinter Freienwalde dann doch tatsächlich mal 150 Höhenmeter am Stück. Eine absolute Rarität hier. Oben angekommen schalte ich zum ersten Mal aufs große Blatt und lasse es schön rollen. In Werneuchen, rund 45 Km von Tourenende fülle ich nochmal die Flaschen, vollkommen austrocknen muss ja nicht sein, dann noch knapp 20 Km Landstraße und schließlich das blödeste Stück (aber unvermeidlich): 20 Kmquer durch Berlin. Was einem da im Osten immer noch an Radwegen benutzungspflichtig zugemutet wird, spottet jeder Beschreibung. Ich fahre den größten Teil der Strecke im Stehen, weil es sonst nicht auszuhalten ist. Aber Hauptsache, wir haben auf jeweils 3 Spuren freie Bahn für den Autoverkehr.
Nach 282 Km stehe ich wieder vor der Haustür. Der Hinter tut leicht weh, die Beine sind etwas müde aber ansonsten alles prima. Kein Hungerast, nicht ausgetrocknet, lediglich ein ganz schwacher Sonnenbrand (nicht eingecremt war wohl doch etwas zu wenig). Feine Tour!
Damit die erste Woche seit Ewigkeiten, in der ich jeden Tag trainiert habe. 5 Km Schwimmen, knapp 500 Rad, 53 gelaufen. Auch ok. Mal sehen, wie es weitergeht...