Den Diesel freiblasen - Teil 1 (oder: Training zum Abgewöhnen)
Eigentlich wollte ich heute irgendwo in Brandenburg einen Lauf mitmachen und dann eine längere Einheit nach Hause radeln. In Frage kamen nach kurzem Check nur zwei Rennen (wegen passender Anfahrt mit der Bahn), allerdings zeigten die Ergebnislisten beim einen grade mal rund 20 Starter auf der langen Runde in den letzten Jahren, beim anderen sogar nur 7-10. Dazu hatte ich dann doch keine Lust.
Was stattdessen? Naja, man könnte ja mal anfangen mit längerem Koppeltraining. Zum einen hätte ich dann mal eine Standortbestimmung, zum anderen muss die Sitzposition noch auf längeren Strecken getestet werden. Also beschlossen: 4x 20 Km auf der Hausstrecke, anschließend 20 Km lockerer Lauf. Da das nicht so sehr lange dauert, erstmal ausschlafen. Echter Fehler wie sich später herausstellt.
Gegen 13:30 nehme ich das Rad und rolle los. 10 Km flach ein, kleines Blatt, kurbeln. Entlang der AVUS dann der Vorgeschmack auf den Rest der Einheit: obwohl das Wetter nicht übermäßig gut ist (16°C, bewölkt, etwas Wind) sind Himmel und Menschen unterwegs. Ganz besonders meine Freunde, die skatenden Familien, die meinen, der Kronprinzessinnenweg ist ein breiter Bürgersteig, den man in voller Ausdehnung nutzen kann und all die Möchtegern-Ulles, die sich auf den Velothon in ein paar Wochen vorbereiten. Nach knapp 8 Km dann das erste Mal das nervende Geräusch am Hinterrad... Also mal zwei Tritte ausgelassen, vorbei rollt ein Pärchen, beide mit identischen Litespeed-Rennern, Super Record dran, nur vom Feinsten, er vorne weg mit ernster Miene, sie abwesend hinterher. Naja.
Bei Km 10 geht es auf die Strecke, Kette aufs große Blatt, auf dem Lenker zusammengefaltet und los. Die Strecke die Havel entlang rollt nur an wenigen Stellen (und da ist der Asphalt zum großen Teil schlecht), ansonsten hügelig, kurven - nix zum kontinuierlichen Tempo fahren. Das konnte man im Umland früher prima, mittlerweile ist dort fast alles mit diesen ******* Radwegen zugebaut, auf denen man alles kann nur nicht flott fahren, ständige enge Kurven und spätestens nach ein paar Kilometern ein Wechsel der Straßenseite (ersatzweise: Radweg endet einfach auf Sand oder im Feld). Nichtbenutzung allerdings bedeutet Lebensgefahr, denn der gemeine motorisierte Brandenburger hütet argwöhnisch und aufs Schärfste sein Heiligtum: die Straße, auf der er seinem Götzen, dem Auto huldigen kann. Mittlerweile verstehe ich Menschen wie den Captain von TS, der auf dem 7Km langen Stück an der AVUS entlang bis zu 130 Km lange Tempoeinheiten fährt...
Nun gut. Nach einem runden Kilometer kommt die erste kleine Abfahrt, dort sammel ich die beiden Titanfreunde wieder ein. Und natürlich: der Held klebt danach sofort am Hinterrad. Aufgerichtet, umgedreht und gefragt "Muss das sein? Steht auf meinem Trikot "Bitte hefte Dich an mein Hinterrad?"" Darauf fährt er mit ernster Miene, ohne Antwort und stur nach vorne blickend vorbei und setzt sich vor mich. Für rund 20m, dann fahre ich fast hinten rein, denn die Kraft lässt sofort rapide nach...
Immer das gleiche Spiel. Überholen und weiter, er ist wenigstens nicht so merkbefreit und bleibt mir von der Pelle. Die erste Runde geht ansonsten einigermaßen von der Hand, Tempo naja, da hatte ich eh nicht viel erwartet aber es ist voll. Zu voll... Während die Krone für Autos gesperrt ist, wurde dies bei der Havelchaussee leider nicht durchgesetzt, weswegen man am Wochenend - vor allem bei schönem Wetter - dann Unmengen an Spazierfahrern (vorzugsweise in Cabrios) und vor allem Motorradfahrer hat. Tempo 30 bedeutet für die Meisten, irgendwo so in Richtung 40 zu fahren und damit hängen sie einem dann bei solchen Einheiten immer schön vor der Nase. Überholen selten möglich weil kein Platz. Hin und wieder kommt einem einer dann auf der eigenen Spur entgegen, immer ein besonderes Vergnügen...
Normalerweise fahre ich bei der Einheit 4x 40 min, heute 4x 20 Km, die fehlenden Meter müssen heute noch nicht sein. Pause dann 2,5 Km ganz locker kurbeln.
Zweite Runde. Tempo fast wie in der ersten, allerdings ein paar Situationen, die nicht so lustig sind. Motorradfahrern sei dank. Leider auch heute wieder keine Polizei hier, die solchen ********* einfach mal die Pappe für ein paar Wochen abnimmt (und die Maschine gleich dazu, das da heute wieder an nicht eintragungsfähigen Umbauten unterwegs war, spottet jeder Beschreibung). Ich merke, wie die Sitzposition langsam unbequem wird. Der eine Zentimeter weiter runter war wohl doch zuviel. Möglicherweise ginge es mit dem ZF-Helm und Visier, mit Brille jedenfalls nicht.
Dritte Runde. Hier kommt der Zusatz in der Überschrift her...
Ich hänge ständig hinter Autos fest, muss zweimal komplett anhalten und das nimmt den Schnitt natürlich deutlich runter. Und: die Kraft lässt langsam nach. Ob rein muskulär oder aufgrund der leichten Sitzprobleme weiß ich nicht. Vor dem vierten Intervall graut mir aber...
Vierte Runde: diesmal nur noch 5,7 Km auf der Strecke, dann umdrehen und nach Hause, am Ende 1 Km ausrollen. Ich muss wieder zweimal stehen bleiben (einmal weil sich Motorroller und Motorrad beim Überholen frontal begrüßt haben) und die letzten 10 Km geht es mit leichtem Gegenwind und stetig ganz sanft bergauf nach Hause. 5 km vor der Haustür nimmt mir dann noch ein MTBler aus dem Wald kommend ohne zu gucken die Vorfahrt und blökt mich dann noch an, ich solle gefälligst aufpassen. Das schlägt dem Faß echt den Boden aus. Da er mir auf die Pelle rückt, schiebe ich ihn nach rechts auf den Grünstreifen und nehme wieder Reisegeschwindigkeit auf, da kommt er dann doch nicht mit.
Am Ende sind es 97 Km, davon 80 Km Tempo, die Regel ist normalerweise: was ich hier 4x 40min fahre, kann ich in Roth durchfahren, damit wären wir dann bei ungefähr bei 5:20 Std.. Rechnet man die Zwangspausen raus etwas schneller, 5:15 vielleicht, das hätte ich jetzt auch in etwa geschätzt. In wie weit das ausbaubar ist - keine Ahnung.
Zu Hause in die Laufklamotten, Getränkegürtel für alle Fälle und los. Laufstrecke: die ersten 10 Km, die ich eben auch zum Einrollen hatte. Ganz sanft gewellt, Asphalt, Wald und Autobahn. Geht an sich ganz gut, zwischen 8 und 12 ein kleines Loch, der Rest OK, bei mittlerem GA1-Puls insgesamt 1:31:26 Std für exakt 20 Km. Ich schätze, ich könnte an einem normalen Tag damit 3:30 - 3:35 hinten drauf laufen. Kann aber auch ganz schnell 3:50 werden, die Erfahrung durfte ich auch schon machen...
Fazit: rein vom sportlichen her ok aber die Begleitumstände können mir das Ganze wirklich komplett vermiesen. Allerdings wäre es vermutlich besser abgegangen, wenn ich 2 oder 3 Stunden früher unterwegs gewesen wäre (oder noch 2 Stunden später).
Schaun wir mal, was die Beine morgen sagen (für den Trunkenbold: morgen gehe ich wieder schwimmen
). So, etwas länger geworden aber der eine oder andere liest ja gerne.
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Und sie bringt mich endlich in die Position, die ich eigentlich wollte, der eine Zentimeter, der da fehlte, macht ne Menge aus. So vom Gefühl her sitze ich jetzt auf dem Trainingsrenner so wie auf dem Wettkampfrad. ....
