Sorry, hat ein bisschen gedauert. So ist es mir am 01.07.07 ergangen:
Training
Nach zweijähriger Abstinenz wollte ich mir 2007 mal wieder die lange Kante geben. Eine messerscharfe Analyse der valide designten Datenbasis ergab: Laufen kann ich, Rad und Schwimmen sind ausbaufähig. Schwimmen ist beim IM zwar nicht ganz so wichtig, aber wenn man mit einer halbwegs anständigen Zeit aus dem Wasser steigt, motiviert das ja auch. Schwerpunkt sollte aber ganz klar das Radfahren sein, denn 5:33 steht einfach in keiner vernünftigen Relation zu einer Laufzeit von 3:28.
Der nicht stattgefundene Winter hat die Sache natürlich sehr erleichtert. Dies sind also meine Trainingskilometer vom 01.01.2007 bis zum 30.06.2007, in Klammern die entsprechenden Zahlen von 2004:
S: 166 (126)
R: 4609 (3602)
L: 1048 (969)
Vor dem Wettkampf
Wie schon 2004 durfte ich wieder bei tacis unterkommen. Am Fr. um 13:00 bin ich nach Frankfurt aufgebrochen, um zunächst meine Startunterlagen abzuholen und dann bei der Pastaparty einige Emus zu treffen. Der Routenplaner sagt: 3:30 bis Frankfurt. Dass am Fr. Nachmittag vielleicht doch noch 2 oder 3 andere Autos auf der A9 und A3 unterwegs sein könnten, ja, darauf hätte man eigentlich kommen können... Die Ausgabe der Startunterlagen sollte bis 18:00 geöffnet sein... Keine Unterlagen, keine Pastaparty, kein Emutreffen... Um 18:00 bin ich in F, finde (manchmal muss man ja auch mal Glück haben) gleich einen Parkplatz, kleine GA2-Einheit zum Römer... geschafft!
In der Eissporthalle treffe ich zuerst Fuxx, dann sehe ich, wie tacis suchend durch die Gänge streift. Per Handyortung macht er vb_man und BSE, jeweils mit Frau und Freundin, ausfindig, später guckt auch noch Fränkie vorbei.
Am Sa. haben tacis und ich noch ein Mini-Koppeltraining gemacht, 20 min Rad + 10 min Laufen. Beim Radfahren habe ich gleich gemerkt, dass tacis mächtig Druck in den Beinen hat, beim ersten kleinen Anstieg kann ich gerade noch so folgen. Glücklicherweise hat er dann einen Platten, und ich kann mich etwas erholen... an tacis’ Beinen sind Muskeln an Stellen, da hab ich nicht mal Beine.
Dann sind wir noch 10 min geschwommen, im Hochschulstadion, wo gerade ein T-Online-Fußballturnier stattfand. Das Becken hat 18°... klar, dass wir mit Neo geschwommen sind! Immerhin, beim Schwimmen habe ich tacis noch im Griff. Als Regenerationsmaßnahme haben wir uns noch auf T-Online-Kosten den Ranzen vollgeschlagen, schließlich waren es noch ganze 3 Stunden bis zum EMU-Carboloading beim Italiener.
Dann sind wir mit zwei Autos zum See, um die Räder und die Beutel abzugeben. Mit beiden Autos, weil wir meines in F stehen lassen wollten, um damit am So. abend zurückzufahren. So haben wir uns den Shuttlebus erspart.
Um 17:00 schließlich unser EMU-Carboloading beim Italiener: Tja, das Essen war ja OK, das Personal war eher ... ich sag mal, unaufdringlich. Vielleicht ist man da auf Gäste nicht so eingestellt. Jedenfalls war es toll, so viele Leute zu treffen, die ich bisher nur online kannte. Manche sehen ihrem Avatar gar nicht ähnlich! Wir waren so viele, dass ich mit einigen, z.B. Crazy und Apanasana, leider kaum ein Wort gewechselt habe.
Race Day
Um 4 Uhr weckt mich der Wecker.
Haha, soweit die Theorie. Tatsächlich liege ich seit 2:00 hellwach im Bett rum, nachher erzählt mir tacis, dass es ihm genauso ging. Na egal, Schlaf ist optional, denn jetzt ist RACE DAY!
Wir futtern ein paar gar nicht so unleckere Aufbackbrötchen (z.T. mit Nutella, ist ja wohl klar), bringen den Koffeinpegel auf Wettkampfniveau, applizieren uns gegenseitig die Sonnencreme auf die Alabasterkörper und um kurz nach 5 brechen wir mit tacis’ rotem Klapperporsche zum See auf. Dort angekommen, machen wir erst mal beim Toilettenhäuschen Station, hmmmmm, welch betörendes Aroma – der Angstschiss am Wettkampfmorgen muss irgendwie besonders sein...
Etwas unlocker werde ich, als ich meine Reifen mit Hilfe der herumstehenden Pumpen aufzupumpen versuche. Erstmal nehme ich die falsche Seite des Pumpenkopfs, die für Autoventile, und, pffffft, ist die Luft draußen. Aha, den kann man umdrehen, gut... ja so geht’s, aber mehr als 7 bar bekomme ich mit der verdammten Joe Blowjobpumpe nicht rein, ich bin einfach nicht fett genug, um mehr Druck aufzubauen. Das ist ganz besonders klasse, weil ich vorne noch einen alten GP 20 mm habe, der eigentlich 11 bar verträgt. Den habe ich behalten, weil ich denke, dass die geringere Breite und der höhere Druck die schlechteren Rolleigenschaften kompensieren (den Michelin Pro2Race, den ich hinten habe, gibt es für 26’’ nicht mit 20 mm, und der kann auch nur 8 bar). Naja, ich renn herum, finde eine andere Pumpe, und mit der geht’s immerhin bis 9 bar. Grummel. Und wenn Ihr jetzt denkt: Hätte der blöde Kerl doch lieber sein Rad zum Bikeservice gebracht, dann fragt mal tacis’ Arbeitskollegen: Dem haben sie dort das Ventil nicht richtig oder irgendwie schief zugedreht, und als er aus dem Wasser kam, hat er einen Platten...
So, und nun geht’s zur Hinrichtung, jeder nur ein Kreuz. Vorher aber noch das...
Schwimmen
Ich wollte eigentlich rechts in Ufernähe starten, also relativ weit weg von der Ideallinie, aber da standen noch etliche am Ufer, die kurz vor dem Start ja noch ins Wasser mussten. Also bin ich in der Mitte geblieben, und die erste lange Gerade lief noch im Rahmen des Erwarteten. An der 1. Wende bekomme ich ann einen Schlag auf die Brille, dass ich denke, jetzt hast Du ein schönen Veilchen. Auf der 2. Geraden sehe ich die Typen beim ungeplanten Landgang. Klar, wenn man plötzlich Grund unter den Fingern hat, was soll man machen, man kann ja nicht zurück oder senkrecht zur allgemeinen Schwimmrichtung schwimmen. Aber man hätte sich wenigstens nach links halten können, um möglichst schnell wieder ins Wasser zu kommen. Stattdessen liefen die so lange wie möglich auf der Sandbank. Es wird wirklich beschissen wo es nur geht, und die Typen bilden sich bestimmt noch ein, besonders smart zu sein. Jetzt habe ich sogar gelesen, dass viele schon beim Start noch ein Stück am Ufer entlang gelaufen sind. Bei der 2. Wende haut mir einer die Brille runter, und ich muss mich dazu beglückwünschen, dass ich, schon im Wasser, noch daran gedacht habe, die Brille zuerst und dann die Kappe aufzusetzen, sonst wäre die Brille weg gewesen. Auf dem linken Auge sehe ich unscharf und denke, dass die Kontaktlinse weg ist. Das wäre das Aus. Glücklicherweise ist sie aber noch da und schiebt sich wieder richtig hin. O Mann, Puls am Anschlag, gaaanz ruhig jetzt, bloß weg von der Meute, lieber ein paar Meter mehr schwimmen...
Aber nicht alles war mies, beim (richtigen) Landgang habe ich 37:30 auf der Uhr, und genau das habe ich mir auch ausgerechnet, vorausgesetzt, es sind wirklich 2200 m bis dorthin. Auf der vorletzten Geraden sind rechts ganz viele Helfer auf Surfbrettern mit Trillerpfeifen, die aufpassen, dass nicht wieder einer zu früh abbiegt und sich selbst um ein paar Meter bescheißt... irgend so ein alberner Typ grabbelt mir fast die ganze Gerade an den Füßen herum, muss wohl ein Fußfetischist sein, sonst kann ich mir keinen Grund vorstellen, ausgerechnet einer Bleiente wie mir hinterher zu schwimmen. Erst auf der letzten Geraden hat sich das Feld so weit auseinandergezogen, dass ich relativ unbehelligt schwimmen konnte. Puh, endlich Land unter den Füßen, 1:05:30, Punktlandung! Ohne das Geprügel wären wohl noch 2 oder 3 Minuten weniger möglich gewesen.
Rad
Socken, Schuhe, Nummer, Brille, Helm... Socken, Schuhe, Nummer, Brille, Helm... Socken, Schuhe, Nummer, Brille, Helm... das kann ich doch gut, oder? Hab ich ja auch auswendig gelernt. Und schon sitz ich auf dem Rad und roller, erst mal mit verhaltenem Einsatz, nach Frankfurt. Und ich denk noch so: Och, so voll ist die Strecke ja gar nicht, wo sind denn bloß die Leute geblieben? Ja, und dann kamen sie auch schon, ein fetter Pulk nach dem anderen, im großen Kona-Express: „Bitte einsteigen, Moral und Fairness werden nicht befördert.“ Es war wirklich zum Kotzen. Ein derartiges schamloses, flächendeckendes Gelutsche habe ich auf noch keiner Veranstaltung erlebt, weder als Zuschauer noch als Teilnehmer. Ich habe das Gefühl, immer mehr durchgereicht zu werden und erwarte schon halb den Besenwagen. Da überholt man 10 Leute, die auch mehr oder weniger einzeln und fair fahren, und dann kommt von hinten der nächste Pulk und saugt alles auf.
Und so spule ich die km relativ lustlos ab. In Maintal ist die Stimmung ganz gut, die paar Meter Kopfsteinpflaster finde ich auch nicht so schlimm; am Hühnerberg ist tote Hose, in Bad Vilbel sieht es schon besser aus.
Bei km 45 hat tacis mich überholt, die Geschwindigkeitsdifferenz ist so hoch, dass ich ihn aufgrund des Dopplereffekts kaum verstehe. Zu Beginn der 2. Runde treffe ich auf QRoo und BSE, und wir bleiben bis T2 meist in Sichtweite zusammen, mal der eine, mal der andere vorne: EMU-Express! Und es ist, auch bei deutlich mehr als 10 m Abstand, eine große Hilfe, einfach jemand anderen das Tempo vorgeben zu lassen und mitzufahren. Kurz hinter Maintal sehe ich mir mal meine Durchschnittsgeschwindigkeit an: 35,3! Jetzt bin ich wieder motiviert, und das bessert sich noch, als direkt vor mir einer der ganz üblen Lutscher eine Penalty bekommt. Der inzwischen ziemlich kräftige Wind um Bad Vilbel zieht den Schnitt allerdings noch etwas herunter. Die letzten 20 km muss ich ziemlich kämpfen, der Rücken tut weh, ich würde jetzt gerne mal wieder etwas anderes machen als Radfahren, nur mal so zur Abwechslung... BSE ist uns ein Stück weggefahren, aber kurz vor Frankfurt holen wir ihn wieder ein, da er leider schon jetzt Krämpfe in den Oberschenkeln hat. QRoo übernimmt die Führung, macht noch einmal ordentlich Dampf und fährt bis T2 noch 200 – 300 m auf mich heraus. Kurz nacheinander fallen dann QRoo, ich und BSE in die Wechselzone ein.
Lauf
„Gott sei Dank ist der Scheiß vorbei“, sage ich, als ich dem Helfer das Rad in die Hand drücke. Er guckt mich etwas irritiert an und glaubt wohl, ich hätte das mit dem Laufen nicht gewusst...
Die Helferin im Zelt will meinen Beutel ausschütten (da sind noch Mütze und ein Paar Socken drin), aber ich brauche nur meine Schuhe, endlich endlich endlich kommt das, was ich am besten kann: Laufen!
QRoo habe ich relativ schnell eingeholt und sehe kurz unsere Supporter auf der linken Seite. Ich stoppe den 2. Kilometer: 4:20, und trete erst mal ordentlich auf die Bremse, soooo schnell geht das ja auch wieder nicht. Der nächste km ist in 4:30, dann 4:40, 4:45... OK, das fühlt sich ganz gut an. Nicht so gut fühlt sich meine rechte Fußsohle an, aber das gibt sich allmählich. Bei jeder 3. Station nehme ich ein Gel und Wasser, dazwischen immer Iso und Wasser, am Ende Cola und Wasser. Hin und wieder habe ich leichtes Magendrücken, aber das verschwindet immer wieder.
In der 2. Runde fängt mein linker Oberschenkel an zu meckern und will nach Hause aufs Sofa. Nix da, du kommst mit. Insgesamt geht es mir gut; die Frage ist, wie lange noch... kann ich so ein Tempo durchhalten oder kommt irgendwann der gewaltige Hammer? 3. Runde, nun bin ich schon nicht mehr so locker, Zweifel kommen auf: Kann das gut gehen? Wie ging es mir vor 3 Jahren an dieser Stelle, besser, schlechter? Genau vor dem 1. Wendepunkt überhole ich tacis (nach dem ich die ganze Zeit schon Ausschau gehalten habe), und kurz danach, auf der Friedensbrücke, auch vb_man. Auf sein Angebot mit der Kiste Bier kann ich leider nicht eingehen, weil A) ich mir ja gar nichts aus Bier mache, B) ein Kiste viel zu wenig wäre, Du alter Geizhals, und C) ich ihn gar nicht verstanden habe, denn mein IQ entspricht zu diesem Zeitpunkt bereits dem eines Milchbrötchens vom Vortag.
Auf dem anderen Ufer sehe ich unsere Supporter wieder, sorry, ich habe nicht alle erkannt, Rhoihesse ist da, und Kampa ist irgendwie auch nicht zu übersehen. Dann treffe ich meinen alten Nachbarn vom Studentenwohnheim, Olli Hodatsch. Kennt den einer? Auch so ein Triathlon-Urgestein.
Finish
4. Runde. Der rechte Oberschenkel meint, dass der Kollege auf der linken Seite irgendwie Recht hat und überhaupt die horizontale Lage zu bevorzugen sei. Ich habe das Gefühl, dass nun jederzeit Krämpfe auftreten können, und mein Laufstil wird zunehmend eckiger. Rhoihesse läuft kurz neben mir her und fragt, ob ich die 10 Stunden packe. Na logisch, Mann, ich schenk Dir mal nen Taschenrechner! Olli ruft: Jetzt geht’s nach Hause! Ja, aber noch sind es 3 km, oder sind es 3 Lichtjahre, noch ein letzter Wendepunkt, noch einmal über die Brücke, vorsichtig in der Kehre, nicht zu hart auftreten, das ist kein Einbruch, aber das Tempo kann ich nicht mehr ganz halten. Die Abzweigung zum Ziel, noch einmal überhole ich, und dann bin ich allein auf der Straße mit der jubelnden Menge hinter der Absperrung... FLASH! Das Adrenalin schießt mir ins Blut und die Tränen in die Augen, von einer Sekunde auf die andere sind Erschöpfung und Schmerz einfach ausgeschaltet, ich jubel und klatsche ab, biege in die Zielgasse ein, laufe etwas langsamer, um den Moment noch etwas zu verlängern, und dann bin ich, nach 9 Stunden, 43 Minuten und 32 Sekunden, im Ziel.
_________________ Plans without goals are wishy-washy.
Zuletzt geändert von Matthias am 05 Jul 2007 09:59, insgesamt 1-mal geändert.
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