captainbeefheart hat geschrieben:
Das können wir gerne mal im Detail besprechen, wie ich das aufziehen würde und welche Erfahrungen ich aus der Schulhistorie meiner Töchter habe, das sprengt den Rahmen.
Welche eigenen Erfahrungen hast Du denn? Du sprachst von 4 Jahren und "Professor"...
captainbeefheart hat geschrieben:
Noten? Können wir das nicht erst später bspw. ab der 7., 8. oder 9. Klasse einführen? Noten zu einem frühen Zeitpunkt sind genau der Killer für hirngerechtes Lernen. Es erzieht uns die Lernmotivation ab bzw. ersetzt die intrinsische Motivation, Neugier, Wissbegierde durch Orientierung an extrinsische Belohnungen und erzieht zu Fehlervermeidung. Statt Noten viel wichtiger: regelmäßiges Feedback, ressourcenorienterte Impulse.
Da bin ich voll bei Dir. Man kann die Noten auch gerne ganz abschaffen.
captainbeefheart hat geschrieben:
Spricht was gegen unterschiedliche Bewertungsperspektiven. Eigeneinschätzung, peer-to-peer, Lehrer, sonstige Stakeholder (wenn es bspw. ein Projekt mit solchen ist)? Spricht was gegen die Diskussion der Bewertungsunterschiede, dass unterschiedliche Perspektiven zu unterschiedlichen Bewertungen kommen, diese Bewertungen oft mehr mit dem Bewertenden, als mit dem zu Bewertenden zu tun hat? Spricht was gegen die Reflexion der Gruppendynamik, dass es verschiedene Rollen und unterschiedliches Engagement dieser Rollen im Prozess gibt? Spricht was gegen die Reflexion über den Umgang mit diesen Unterschieden? usw.
Das wird doch schon gemacht...Ich kann mich da nur wiederholen. Ist bei den großen Klassen nur wahnsinnig schwierig - geht aber. Gerade die peer-to-peer Bewertung funktioniert meistens. Oft wollen die Schüler sich aber auch nicht gegenseitig weh tun und vergeben z.B. allen in allen Bereichen die gleiche Punktzahl. Im Wirtschaftleben wäre so ein Verhalten - ich sag mal: ungewöhnlich. Aber ein sehr soziales Verhalten...wie bewerte ich das? Ist es mein Ziel, die Schüler zum sozialen Denken zu erziehen oder zum homo oeconomicus? Bei 24 Kindern in der Klasse, werden 12 Eltern sich für das eine und die anderen 12 für das andere entscheiden. Ich kann natürlich auch dies in der Metaebene ansprechen, aber das wird die Eltern nicht zufrieden stellen...was gibt der Lehrplan her? Was sagt die Schulaufsicht? Was die Schulleitung? Was die Kinder selbst? (will damit mal deutlich machen, dass ich es als Lehrer nicht jedem recht machen kann....)
captainbeefheart hat geschrieben:
Nimm als Beispiel die Übernahme des "Pausenkiosks" als Projekt für einen Klassenstamm (5.-7. Klasse) mit Vorbereitung, Durchführung für 1 Monat und Nachbereitung. Fächerübergreifend mit Kalkulation, Abrechnung, Nachkalkulation, Gewinnermittlung etc., Durchführung und Auswertung von Kundenbefragungen, Marketingaktionen etc., Projekt in Teilprojekte organisieren (Einkaufen, Vorbereiten, ...), wöchentliches Debriefing, Lernen aus Fehlern, Anpassen aus Lernerfahrungen usw. usw. Das ist natürlich nur 1 Beispiel, es gibt viele mehr. Ich empfehle nochmals die guten Beispiele aus den "Schulen der Zukunft" (link hatte ich geteilt), da wimmelt es nur so von Kreativität. Und die Beispiele sind nicht allein Ausfluss narzisstischen Darstellungsgehabes der Schulleiter.
Joa, wird ja auch an vielen Schulen gemacht. Aber auch dies hängt stark vom Lehrer ab, ob es funktioniert. Machen nur einige wenige "schlaue" die Arbeit und die anderen hängen nur ab? Wenn ich solch eine Projektarbeit mache, dann kann ich nicht alles sehen oder nachvollziehen...
Aber bevor es in den falschen Hals kommt. Solche Projekte sind gut. Man muss nur Input und Output in Relation setzen...was sollen die Schüler lernen? Wie man eine Kundenbefragung durchführt? Oder packe ich schüchterne Schüler in die Gruppe, um sie mutig zu machen? Verstecken sich die schüchternen Schüler hinter den mutigen Schülern? Ich kann ja nicht überall dabei sein...
captainbeefheart hat geschrieben:
All das bedeutet natürlich Voraussetzungen in den Rahmenbedingungen und in der Komfortzone aller Beteiligter
Nee, man muss aus der Komfortzone raus! Sonst ändert sich nix...
Verstehe mich nicht falsch. Selbstverständlich muss sich was ändern. Aber von den Lehrern wird verlangt: Ändert was!
Wohin? Sozial? Wirtschaftlich? Woher sollen die Lehrer das alles wissen? Also: Fortbildungen.
Unsere Schule hat für Fortbildungen einen Topf von ca. 4000,-€ - für 130 Kollegen. Was kostet eine professionelle Fortbildung für 20 Kollegen? Da reichen 4.000,- € nicht. Viele Kollegen zahlen ihre Fortbildung selbst. Also Dein Aufruf stimmt: nehmt mehr Geld in die Hand. Und bitte nicht für höhere Gehälter, sondern für die Rahmenbedingungen (Du siehst ich bin nah bei Dir).
Ich widerspreche nur, weil sich in der Theorie alles so einfach anhört, aber in der Praxis selten gut umsetzbar ist.
Wo gibt es an Gymnasien Wirtschaftsfachleute? Leute die Wissen, wie man ein Marketingkonzept schreibt? Die Kundenbefragungen durchführen können? Die im Einkauf gearbeitet haben? Die schon mal ein Projekt durchgeführt haben? Erwartet nicht, dass Lehrer die "allwissende Müllhalde" sind. Für solche Dinge braucht es Fortbildungen...
Du redest von Klassenstämmen. Kein Lehrer lernt im Studium ausführlich etwas darüber, kein Lehrer lernt es im Referendariat. Aber so etwas soll dann umgesetzt werden...
So läuft es übrigens immer:
Einführung von Lernsituationen, Einführung von SOL, Integration von Menschen mit Behinderung, Integration von Flüchtlingen mit ihren persönlichen Problemen, usw. Es gibt keine Fortbildungen, die uns Lehrer über einen längeren Zeitraum "fit" in so was machen. Aber umsetzen sollen wir alles - und möglichst alle Eltern (mit ihren unterschiedlichen Ansichten), Schulleitung, Bezirksregierung, Politik, usw. zufrieden stellen.