Ich arbeite seit über 13 Jahren mit der Bundesagentur für Arbeit zusammen, teilweise war ich sogar direkt dort beschäftigt.
Ich rede nicht davon, daß derartige Behörden (wie auch das BKA) Statistiken fälschen oder daß es Verschwörungstheorien gibt. Dort sitzen Menschen, die Daten sammeln und auswerten, die sie über unterschiedlichste Systeme abfragen.
Die Statistiken messen, was man ihnen vorgibt, was sie zu messen haben. Teilweise lesen diese Systeme nur Daten aus Datenbanken aus, die sich automatisch generieren (und außer dem Programmierer weiß wohl keiner so genau was und wie...)
Ich kann Beispiele aus dem Entstehen von Statistiken im Bereich der BA auflisten, falls es interessiert. Da wird nichts erfunden, nicht gelogen oder betrogen oder geschönt - Aber danach sieht man die 2.568.000 Arbeitslose im Dezember 2016 einfach mit anderen Augen. Und daraus resultiert eben ein gewisses Mißtrauen gegenüber anderen statistischen Erhebungen.
Ich hab zwei Semester empirische Sozialforschung hinter mir - auch das hat mir geholfen die Zahlen aus Umfragen sehr kritisch zu sehen. Tendenz zur Mitte und Tendenz zur Milde sind hier nur zwei sehr häufige Beurteilungsfehler bei der quantitativen Sozialforschung.
Auch ich weiß von Polizeistatistiken, die man nicht veröffentlicht, weil man die Bevölkerung nicht ängsten und der Presse und dem rechten Lager keine Munition liefern will. Man muß nur in den entsprechenden Gremien sitzen, dann erfährt man das auch. Es mag unterträglich sein sowas zu lesen, und vermutlich kann man die Dissonanz nur auflösen, indem man die Zahlen negiert, mit vermeintlich richtigeren überbietet oder die Glaubwürdigkeit des Gegenübers und dessen Quellen herab setzt. Es ändert aber nichts an den Sachverhalten.
Nur ein Beispiel noch: Das Anfassen von Frauen im öffentlichen Raum fällt unter Beleidigung - nicht unter sexuelle Belästigung oder Nötigung. Wer weiß das schon? Wer denkt bei Straftaten wegen Beleidigung daran, daß hier womöglich Frauen an die Brust oder den Hintern gegriffen wurde? Daß es leider Kulturen gibt, wo Frauen nicht gleichberechtig sind und ihre und körperliche Unversehrheit nachrangig ist, ist bekannt. Das tolerieren (und wegschauen gehört dazu) dessen, ist ein Schlag ins Gesicht jeder Frau und ein Rückschritt im Hinblick auf die erkämpfte Gleichberechtigung. Oder kommt es manchen Machos ganz gelegen, daß es wieder Frauen gibt, die brav hinter ihrem Mann hertrotten und alles abnicken, die man anfassen und schlagen darf und das ganze mit dem Glauben rechtfertigen darf?
Häusliche Gewalt wird im Islam erlaubt. Muslime stellen zumindest teilweise die Scharia über das Grundgesetz. Zeigen ja schon Deutsche Frauen ihre Männer in den seltensten Fällen an, wenn sie geschlagen werden. Was wird denn die Migrantin/Flüchtlingsfrau machen? Sofern sie überhaupt soviel deutsch kann und über ihre Rechte gelernt hat, daß das keiner mit ihr machen darf und sie das Recht hat, zur Polizei zu gehen. Straftaten sind nur Dinge, die zur Anzeige gebracht werden? Oder sind das auch alle Vergehen gegen die Menschenrechte und Gesetze, selbst wenn sie nicht verfolgt und geahndet werden?
Wieviele Frauen haben denn die Nerven zur Polizei zu gehen, wenn sie gegen ihren Willen angefaßt wurden. Nicht angezeigt, nicht nachverfolgt - nicht in der Statistik. Oder Anzeige zurück gezogen, weil man vom Täter eh keine Daten hatte oder keine Lust hat mit ihm vor Gericht konfrontiert zu werden, daß er danach die privaten Daten hat und dann auch noch vor der Haustür erscheint um der vermeintlichen Schlampe mal zu zeigen, wie man sich gegenüber einem Mann verhält? Sprich mit den Gleichstellungsbeauftragten der Polizei, mit den Beamten, die Sexualdelikte und Delikte von häuslicher Gewalt bearbeiten, mit Mitarbeiterinnen von Frauenhäusern und Clearingstellen, den MitarbeiterInnen von Beratungsstellen zu sexualisierter Gewalt oder den Kursleiterinnen von Integrationskursen und höre Dir ihre Geschichten an.
Zu Deinem "Getätschel": Humor wäre ein Augenzwinkern. Das war es nicht. Der Smiley täschtel breit grinsend den armen Tropf. Nein, ich stehe überhaupt nicht darauf irgendwo getätschelt zu werden. Ich finde es eh sehr irritierend, daß ich mir von Dir hier derart anzügliche Bemerkungen anhören muß, daß ich ja wohl "weiter südlich" auch nicht besser gefunden hätte. Ich bin mir sicher, daß Du - so respektvoll wie ich Dich kennengelernt habe - das in Realität nie machen würdest. Und ganz offen: ich rate es Dir auch nicht, schon gar nicht in dem Kontext.
Auch Deine mehr oder weniger latenten Äußerungen, daß Menschen, die nicht den von Dir bevorzugten Statistiken blind glauben lügen oder rechtsradikal sein würden, wenn sie nicht bedingungslos alles gut finden, was Du gut findest, befremden mich zunehmend und ich möchte derartiges hier nicht mehr lesen müssen. Daß Du Statistiken von Pro Asyl bemühst wirft jedenfalls eine deutlich gefärbtes Bild auf die Dinge, die Du von Dir gibst.
Dann gibt es Straftaten, die Deutsche oder Menschen mit dauerhafter Aufenthaltsgenehmigung gar nicht begehen können - es wäre also falsch zu sagen, daß bei allen Straftaten die Verteilung innerhalb der Bevölkerung gleich ist und es auch zu keinem Anstieg kommt. Und nein - ich entschuldige auch Diebstal nicht mit "in deren Heimatländern darf man das" oder "in deren Ländern gibt es halt keine Bustickets, dann ist es doch normal, daß die hier schwarzfahren." Auch praktisch, wenn man verstanden hat, daß Drogenhandel in Deutschland deutlich milder geahndet wird als in vielen anderen Ländern. So billig wie Drogenhandel hier ist, geht es in kaum einem anderen Land. Aggressionen werden mit posttraumatischen Belastungsstörungen und Fluchttraumata erklärt. Hat man das nach 45 in Deutschland auch getan? Daß es kein Spaß ist auf engstem Raum in einer Flüchtlingsunterkunft zu leben glaube ich - die Alternative ist aber nicht das Einfamilienhaus, das sich hier auch nicht jeder leisten kann, sondern das Leben in einem Kriegsgebiet. Vielleicht dann doch nicht so schlecht. Kostenlose Kinderbetreuung, Unterrichte, Freizeitangebote etc. inclusive. Ich glaub das kann schon gelingen, wenn jemand wirklich will. Man hat aus den Nicht-Integrationen der 60er und 70er Jahre gelernt und macht sehr viel, sehr viel besser.
Es wird momentan überall sehr viel für die Flüchtlinge getan. Ich hoffe an gewissen Stellen wird sich auch zeitnah daran erinnert, daß es auch darüber hinaus jede Menge benachteiligter Menschen gibt, die man nicht vergessen darf.
Auch hier hab ich Beispiele. Aber da diese ja nicht auf bundesweiter Ebene erhoben und öffentlich dokumentiert sind, wirst Du mir das auch nicht glauben wollen. Es ist aber auch nicht mein Lebensziel Dich zu überzeugen. Deine Statistiken sind mir egal, Du brauchst keine einzige weiter zu zitieren, ich werde sie nicht anschauen. Akzeptiere einfach, daß draußen das Leben stattfindest, während Du drinnen Statistiken liest. Wir beide sind darauf angewiesen, daß andere Menschen Dinge erfassen, zählen, auswerten und veröffentlichen. Wirklich nachweisen welche Zahlen korrekt sind, kann keiner von uns. Vielleicht ist die Wahrheit auch überall ein wenig anders und sie wird sich auch über die Monate und Jahre verändern. Du hast auf jeden Fall keine Wahrheiten, egal welche Statistiken Du ausgräbst.
Ich kenne das ganze Spektrum. Vom Schwerverbrechern über den Kleinkriminelle bis zu fleißig Arbeitenden durch alle soziale Lagen.
Gute Nacht. Ich bin morgen wieder draußen.
_________________ 06.05.2012 Caldera Blanca 12.10.2014 - München Marathon * 12.07.2015 - Challenge Roth * 27.09.2015 - Berlin Marathon * 25.09.2016 - Berlin Marathon * 27. - 30.11.2016 Lanzarote Running Challenge * 10.12.2016 Lanzarote Marathon * 09.07.2017 Challenge Roth
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