Hier mal meine Lehrersicht
1. Das ganze Gerede über Geld interessiert mich nicht. Wenn es 10 Mrd kostet...dann kostet es 10 Mrd. So what? Verteilt sich doch auf viele Schultern. Außerdem sind das nur kurzfristige Kosten...ob uns die Flüchtlinge nicht langfristig Erträge sichern, wissen wir nicht, aber ich ahne es. Dennoch handelt es sich aus meiner Sicht um Menschen, die ein Recht auf Hilfe haben und da irritieren mich immer diese Kosten-Nutzen Rechnungen. Wenn jemand vor meiner Nase zusammengeschlagen wird, dann helfe ich doch auch nicht erst, wenn man mir versichert, dass ich eine Belohnung dafür bekomme...
2. Ich rede hier nur über Flüchtlinge aus Krisenregionen, nicht von Flüchtlingen aus sicheren Regionen (werden wohl gerne als Wirtschaftsflüchtlinge bezeichnet).
3. Ich habe bisher mit 42 Flüchtlingen zusammengearbeitet. Meine Erfahrungen habe ich dazu schon beschrieben ("motiviert", "lernbegierig",...)
4. Das einzige Problem ist, dass viele erwarten, dass ein Flüchtling integriert hier ankommt und direkt arbeitsfähig ist. Aber dazu müssen wir ihn machen und das dauert (2-5 Jahre). Wir müssen das zahlen und - was viel wichtiger ist - die Flüchtlinge aktiv integrieren. Ich habe mittlerweile so viele Betriebe, die DRINGEND Azubis einstellen wollen, aber keine kriegen. Die freuen sich auf die Flüchtlinge. Die sehen auch überhaupt kein Problem, außer das sprachliche. Es werden dafür keine Nicht-Flüchtlinge nicht eingestellt, sondern man bekommt KEINE (oder zuwenige) Bewerbungen.
Die Flüchtlinge brauchen ZEIT!!!
5. Ich stelle bisher noch wenige Probleme fest, dass sie das Deutsche Leben ablehnen. In meinem Unterricht saß auch noch keiner mit Sprengstoffgürtel. Es wurde auch noch keine Schülerin/Schüler dumm angequatscht. Sie sind meist schüchtern, schauen viel auf die anderen Schüler und wollen sich anpassen. Erleben sie aber immer wieder Diskussionen wie "Die nehmen den anderen was weg....die Gelder werden jetzt zu Gunsten der Flüchtlinge umverteilt...hier kommen ganz viel Radikale an...die Können nix..." dann schaffen wir ganz viele Menschen, die auf Distanz zu uns gehen, weil WIR sie ablehnen und nicht sie uns. (unsere Schüler bekommen nämlich eine Tageszeitung KOSTENLOS...verwerflich? bekommen die anderen Schüler nämlich nicht...)
6. Ich musste viel über Arnes Antwort nachdenken, als irgendjemand ihn hier fragte: "Was tust Du denn für die Flüchtlinge?" und er antwortete "Ich schenke ihnen ein Lächeln". Darüber habe ich mir zuerst geärgert und jetzt denke ich: "Ja, GENAU DAS IST ES!"
7. Versucht mal den Perspektivenwechsel. Ihr kommt aus Deutschland (sagen wir mal, da wäre Bürgerkrieg) in eine völlig neue Kultur, alles ist anders, ihr könnt die Sprache nicht, ihr seid gebildet (z.B. Lehrer) und jetzt kommt alles auf einmal...was erwartet ihr denn von den Flüchtlingen?