la_gune hat geschrieben:
Sach mal Arne, hast Du einen guten Freund/Freundin der dopt bzw gedopt hat ? Ist schon auffällig, wie Du diese Leute in Schutz nimmst...
Nein, denn ich würde auch bei einem Freund dafür plädieren, dass er den Regeln entsprechend betraft wird.
Ich habe mich in den vergangenen Jahren mit dem Dritten Reich beschäftigt, vor allem mit der Frage, wie sich in einem kultivierten Land voller rechtschaffender, wohlmeinender Bürger ein Naziregime etablieren konnte. Und zwar durch demokratische Wahl, denn die NSDAP war ja bereits vor Hitlers Diktatur stärkste Partei. Wie konnte das zugehen?
Die Antwort ist sehr vielschichtig, aber eine wichtige Rolle spielte die Bereitschaft der besonders Rechtschaffenden, sich zu Gunsten einer subjektiv höheren Gerechtigkeit über bestehendes Recht hinwegzusetzen. Dadurch wurde das Gute beabsichtigt und das Schlechte erreicht. Rechtschaffenheit ohne Recht ist eine sehr gefährliche Sache.
Der erwischte Ladendieb wurde bereits vor dem Eintreffen der Polizei ordentlich geohrfeigt, unter dem Beifall der rechtschaffenden Bevölkerung ("endlich sorgt mal jemand für Recht und Ordnung"). Strafverteidiger sahen sich sozialem Druck ausgesetzt ("wie kann ein anständiger Mensch einen Mörder verteidigen!"), und zwar von Menschen, denen die Gerechtigkeit in einem umfassenden Sinn sehr am Herzen lag. – Das Naziregime war keine Epoche ohne Recht oder Gerechtigkeit, sondern eine, in der das Recht – einer höheren Gerechtigkeit zuliebe – nicht mehr für
alle galt.
Dass ein schwarzhaariger Ex-Zuchthäusler namens Kchratikziçiç vor dem Recht gleichgestellt ist mit einem blonden deutschen Brückenbauer namens Schmitt ist ein ganz wesentliches Gut, das wir verteidigen müssen. Auch einem Dopingsünder müssen seine Rechte gewährt werden. Eigenmächtig und nach persönlichem Rechtsempfinden (oder Zeitgeist) davon abzuweichen lehne ich ebenso ab wie ein öffentlich verbranntes Buch oder einen auf Weisung eines Politikers rausgeworfenen Zeitungsredakteur. Ganz gleich wie viel tief empfundene Rechtschaffenheit auch dahinter stecken mögen.
Weil weiter oben davon die Rede war: Es gibt keinen Unterschied, ob man einem Ex-Doper, einem Ex-Sträfling, einem Mitglied der CSU oder einem Homosexuellen seine Rechte unter Berufung auf das persönliche Rechtsempfinden vorenthält. Das von Professor Franke geforderte Mobbing "mit so einer Sau starte ich nicht" ist aller unterste Schublade. Er sollte sich schämen. Ersetze mal im Geiste die Ex-Doper durch die Homosexuellen.
Grüße,
Arne