Nimm Zwei - Na, geht doch ;-) -
Nachdem Freiwasser Wettkampf in Rostock hatte ich ja mit den fünf Kilometern noch eine Rechnung offen. Der Plan war eigentlich, diese Scharte an meinem Geburtstag beim Freiwasserschwimmen in Altwarmbüchen auszuwetzen. Nur hing ich an dem Tag bei strahlendem Sonnenschein im geliehen Womo auf dem Darß rum, und der Surfkurs, den mein Söhnchen am Tag vorher begonnen hatte, konnte dank der leichten Seebrise fortgesetzt werde. Die Entscheidung, spontan noch einen Tag länger zu bleiben, fiel mir da sehr leicht! Der Bengel hatte schon am Vortag richtig Feuer gefangen – ich musste ihm nach dem Ende des ersten Kursteils noch ein Brett leihen, damit er weiter üben konnte – und er hat dann tatsächlich noch seinen Surfschein gemacht! Ich habe während dessen im Schatten gelegen und gelesen, ab und zu mal heimlich gelinst, wie sich der Nachwuchs so macht, und das Freiwasserschwimmen in Altwarmbüchen war sehr weit weg. Auch ein schöner Geburtstag!
Dann sollte es also doch der Wettkampf in Hamburg werden. Dass die Emu-Staffel nicht zustande gekommen war, war dann doch nicht mehr so schade;-)
Nur gab es im Vorfeld wieder mal so Einiges zu bedenken. An dem Tag war Vaterns 75., einige Dinge im Job haben sich erst kurzfristig geklärt, und zwei Jungs aus meinem Schwimmverein haben mich gefragt, ob ich nicht Lust hätte, am vierten beim Tria in Wolfenbüttel eine Staffel zu machen. Letztlich habe ich mich erst am Freitag Nachmittag spontan entschlossen, nach Hamburg zu fahren.
Diese gute und planvolle Vorbereitung auf den Wettkampf zahlte sich auch gleich aus: Kurz vor dem Start als ich gerade meinen Turnbeutel mit den Sachen abgeben wollte, war die Schwimmbrille weg. Danke, Christian, noch zehn Minuten! Noch mal Zum Auto, nochmal den Turnbeutel durchsucht, Ok, dann als Kohle rausgesucht, und auf zum Verkaufsstand. Dabei noch mal den Weg abgehen und genau gucken. Da liegt sie ja! Ich habe immer so einen kleinen Trick auf Lager, um etwas Abwechselung in mein Aufwärmprogramm zu bringen.
Die übliche Startprozedur, den namentlichen Aufruf jedes Teilnehmers, war wie immer gut fürs Ego, auch wenn der eigentliche Hintergrund natürlich etwas makaber ist... Und dabei fiel mir (natürlich) wieder einmal ein Triathlet auf: Er hatte seinen Garmin oder etwas ähnliches unter der Badekappe "versteckt" um sein Rennen anschließend auswerten zu können. Mal abgesehen davon, dass das eigentlich regelwidrig war, merkt man das schon auf den letzten tausend Metern, wenn die Einteilung nicht gepasst hat. Da braucht man nicht anschließend noch in den Rechner zu gucken.
Wie immer in diesem Jahr war das Wasser sch***kalt, 18,5°C, da hatte der herrliche Sonnenschein in einem Tag auch nicht mehr viel ausrichten können... Den frühen Sprung ins "erfrischende" Nass konnte ich mir diese Mal sparen. Die Startlinie lag ca. 50m vom Ufer entfernt: Zeit genug, um auf dem Weg dahin die Schnappatmung nach der Wässerung einzustellen. Wie ich das von richtigen Schwimmern mittlerweile gewohnt bin, ging die ganze Startprozedur auch sehr zügig von statten: Keiner hoffte die Kamprichter zu überlisten, es plantschten also nicht noch zig Figuren meterweit vor der Startlinie herum, und sie mussten entsprechend auch nicht noch dreimal aufgefordert werden, sich hinter die Linie zu begeben. Mein geheimer Trick für einen stress- und prügelfreien Start funktionierte wieder mal, das Tempo auf den ersten Metern fühlte sich schön entspannt an, es war ja noch ein Ende zu schwimmen. Und dass ich das Feld relativ lange im Blick behalten konnte, machte optimistisch.
Nach ungefähr hundert oder zweihundert Metern schwamm eine Frau ziemlich genau in meinem Tempo neben mir. Mit dem Gedanken, dass sie bestimmt mindestens zwanzig Jahre jünger war als ich, hielt ich mein Testosteron in Schach, und hängte mich dran. Das lief erste Sahne, alles ganz locker. Da das ganze auf einer Regattabahn für Ruderer und Kanuten stattfand, war die Orientierung sehr leicht; eigentliche wie Beckenschwimmen. Die Stimmung stieg. Nach der ersten Runde ein Zwischenspurt, mich die ganze Zeit ziehen zu lassen, hätte ich dann doch doof gefunden. Nach zwei- oder dreihundert Metern zog sie dann aber wieder vorbei. Ich winkte wie wild, sie bemerkte dass dann auch endlich mal, und ich meinte, dass wir uns mit der Führung abwechseln könnten. Sie sagte irgendwas freundliches, setzte sich wieder nach vorne, und wurde schneller!.. Auch gut, dann brauchte ich wenigstens kein schlechtes Gewissen wegen meiner Lutscherei mehr zu haben.
Am Ende der zweiten Runde fühlte ich mich noch gut, der Optimismus stieg weiter. Am Ende der dritten Runde fühlte sich das alles nicht mehr ganz so locker an. Egal, nur noch 'n guter Kilometer! Am Ende von so einer Strecke mal ein wenig zu beißen ist normal! Nach ungefähr einem viertel der letzten Runde musste ich meine Zugschwimmerin ziehen lassen – "vielen Dank und viel Erfolg noch!"...
Die letzte Wendeboje, nur noch – äh, wieviel sind denn eigentlich 1250m durch zwei? Im Kopfrechnen lasse ich unter Belastung immer stark nach;-) – egal, jedenfalls nicht mehr weit! Hoch motiviert und beflügelt von der zu erwartenden Endzeit ging's also weiter. Die Kampfrichter in ihren weißen Sachen wurden erkennbar, das sind doch nur noch?!... Dann die orangefarbenen Boxen mit der Zeitnahmen, Endspurt – geil, dass das noch geht, - egal, dass die Arme schon seit dem Hinweg wehtun, dass sie seit der letzten Boje aus Pudding sind. Nein! Wade! Du krampfst jetz' mal nich'! Danke!... Endlich!.. Anschlag!
"Waswarndasunefährfürnezeit?" (Röchel,Blub;-) "Na so -Moment - etwa eins dreißig"
Ich war - ehrlich gesagt - etwas enttäuscht. Das war doch viel besser als in Rostock gelaufen!? Ich lag noch ein Weilchen auf der Wiese in der Sonne, trank einen Kaffee, sah mir die Siegerehrungen an, und fuhr nach Hause. Ich glaube es war Ferienende in NRW, jedenfalls hatte ich auf dem Rückweg viel Zeit zum Nachdenken: Meine Stärken liegen wohl doch eher auf den kurzen Strecken.
Am Sonntag morgen dann also die Staffel beim Tria in Wolfenbüttel. Wolfenbüttel ist ungefähr die Verbotene Stadt Browntowns. Was natürlich niemand außerhalb von Brwontown weiß. Denn Browntown kommt gesamt-geografisch-teutonisch betrachtet noch weit hinter Castrop Rauxel. Wolfenbüttel. Immerhin war Lessing ein paar Jahre Bibliothekar dort, was die Aufwertung zur "Lessing Stadt" auf dem bekannten braunen Schild an der Autobahn sicher rechtfertigt. Warum Wolfenbüttel allerdings seinen bekanntesten Exportartikel - den "Jägermeister" - nicht für eine positive Außendarstellung nutzt, ist mir unklar.
Aber ich war ja eigentlich bei der Staffel. Die Idee hatten zwei Jungs aus meinem Schwimmverein. Deshalb musste ich Rad fahren, und durfte nicht schwimmen. Ich hätte uns sonst zu sehr rein gerissen. Als Radfahrer wurde ich wohl auch nur genommen, weil ich das teuerste Rad von uns dreien hatte, teilweise sogar aus Carbon! In der Hoffnung, dass ich einen Tag nach dem Schwimmen hoffentlich noch radeln könnte, hatte ich zugesagt.
Geschwommen wurde in einem Freibad, alle 20 Sekunden wurde ein Starter los geschickt, die Staffeln als erstes. Das war im Ziel etwas unübersichtlich – wievielter sind wir denn nun? - hat aber für sehr faires Radfahren gesorgt. Jedenfalls hat Thorsten beim Schwimmen gleich mal reichlich Plätze gut gemacht. Er hat sich als reiner Schwimmer nur gewundert, dass die alle nicht schwimmen können: "Warum müssen die denn immer genau in der Mitte schwimmen, wenn sie schon kein Kraul können?" Sehr positiv fand er es aber, dass es im Anschluss an den Wettkampf etwas zu essen gab. Das kannte er vom Schwimmen nicht.
Hochmotiviert bretterte ich dann los. Nachdem Thorsten so schön vorgelegt hatte, wollte ich natürlich auch was zeigen. Außerdem durfte ich mich mit dem schönen Rad mit den Carbon(!)teilen vor den anderen beiden Jungs auf gar keinen Fall blamieren! Die Aeroposition war mit den Matscharmen etwas mühsam, aber die Beine fühlten sich noch ganz frisch an. Attacke! Auf den ersten Fünf Kilometern habe ich noch ein paar Leute überholt, geil! Dann knallte ein richtiger Radfahrer vorbei. Ein Blick in die Ergebnisliste ergab später einen 41er Schnitt von dem Vogel... So kannte ich Triathlon schon eher!...
Gleichzeitig gingen bei mir so einige Alarmglocken an: der Atem pfiff, die Beine waren auf einmal nicht mehr ganz so frisch. Zeit es etwas ruhiger angehen zu lassen. Ungefähr 200m vor mir fuhr schon eine ganze Weile ein grünes Trikot an dem ich mich die nächsten 15 Kilometer orientierte. Ganz langsam knabberte ich mich ran. Die ganze Zeit wartete ich auf weitere Radmonster. Es kamen aber keine. Etwa sieben Kilometer vorm Ziel war ich dann auf das Grüne Trikot aufgefahren. Eine scharfe Linkskurve mit einer anschließenden kleinen Kuppe nahm mir dann die Entscheidung ab, ob und wann ich überholen wollte. Ohne es wirklich zu wollen – gebremst wird nicht;-) - war ich auf einmal vorbei. Nicht umdrehen! Feuer! Die Alarmglocken gingen alle wieder an. Da das Schild! Nur noch zwei Kilometer! Das ging dann auch irgend wie noch.
Nur einmal überholt zu werden, hatte ich bisher noch nie beim Radfahren geschafft!
Und die Speedmashine hatte das erste Mal bis ins Ziel gehalten!
Sören übernahm den Laufpart und rannte die erste von zwei Runden so schnell, dass er seinem Anfeuerungsteam glatt durch die Lappen ging. Im Zielkanal ging dann die Rechnerei los: Eigentlich müssten wir doch ziemlich weit vorne liegen!?... Die Staffel von dem Radmonster, die direkt vor uns gestartet waren kam rein. Kein Sören in Sicht. Die Staffel mit der Startnummer zwei war drin. Stoppuhren wurden gestartet die Rechnerei ging los. Dann kam die die siebzehn. Wenn Sören jetzt gleich kommt, sind wir!... Und er kam dann auch gleich. Wie war die Zeit? Habe ich vor lauter Anfeuern gar nicht drauf geguckt. Aber das müsste doch eigentlich!?.. Nach einer halben Stunde dann die Gewissheit wir waren tatsächlich Zweite geworden! Eine Staffel aus Schwimmern! Bei der Siegerehrung gab es dann sogar noch einen Preis: Eine Flasche Sekt und einen Gutschein über 50 EUR für die Strandbar in Wolfenbüttel, wir hatten sogar einen Gewinn gemacht!
Mit diesem Erfolgserlebnis war es dann abends Zeit sich, den Realitäten zu stellen und mal nach den Ergebnissen vom Schwimmen zu gucken. Hier gab es die zweit schöne Überraschung des Tages: Ich war mit 1:29:55 insgesamt zehnter geworden und zweiter in der AK! Soooo schlecht war das dann ja wohl doch nicht ;-)
Ein rundum schönes Saisonende!
Und jetzt wird wirklich für 2012 trainiert!
_________________ DON'T PANIC!
Die drei ! ! ! - und der Drache auf dem Rad
Zuletzt geändert von chris.fall am 05 Sep 2011 19:31, insgesamt 1-mal geändert.
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