Mit den großen Hunden pinkeln
- Ich habe gewonnen!.... An Erfahrung -
Über meinen Spaß an Freiwasserwettkämpfen habe ich mich hier ja schon mal ausgelassen. Die zählen zwar nicht unbedingt zu meinen schwimmerischen Spezialitäten – das ist schon ein
wenig anders als 100m oder 200m Rücken - aber letztlich schwimme ich ja für mich... Das einzige Problem ist, dass alle längeren Strecken bei den Masters (=alte Säcke, die das Wettschwimmen nicht lassen wollen;-) für die Veranstalter relativ unatraktiv sind: Es kann schon ein wenig dauern, bis ein 70 jähriger die 1500m Freistil fertig hat... Deswegen muss man, wenn man mal eine längere Strecke im Wettkampf schwimmen will, immer gleich an irgend einer Meisterschaft teilnehmen.
Mein Start bei den Internationalen Deutschen Freiwassermeisterschaften in Rostack über die fünf Kilometer hatte also nichts mit Größenwahn zu tun. Ich wollte für mich einfach mal heraus finden, wie ich den 5km bei den
richtigen Schwimmern überstehen würde, so ohne Neo und so... Außerdem fand ich, dass das eine super letzte lange Einheit vor Roth war. Und auf Rostock freute ich mich auch. In einem früheren Leben wäre ich fast mal dahin gezogen, wie ich vor Ort dann feststellt, lag der Kurs direkt im alten Stadthafen, in einem der modernisierten Speicher hatte
Sie damals gearbeitet.
Da stand ich also oben auf dem Kai, die Fahnen knatterten im Wind, und jeder Teilnehmer wurde mit Namen und Startnummer aufgerufen. Anna aus Andreas' Verein hatte mir netterweise eine ganze Dose Melkfett auf den Oberkörper geschmiert, so dass ich mir bis zum Start lieber nichts Wärmendes mehr über gezogen habe. War das eine Schmiererei!... Egal, auf die zehn Minuten Frieren kam es wahrscheinlich auch nicht mehr an, die offizielle Wassertemperatur betrug 18,5°C. Wie vor jedem Wettkampf kursierten Gerüchte, es wurde geraunt: An der Boje "draußen" sollten es angeblich "nur 17,8" gewesen sein, also hätte man sich einen anderen Messpunkt ausgesucht, "damit der Spaß hier überhaupt statt finden kann". Irgendwie ist das Pre-Wettkampf-Gelaber immer und in allen Sportarten das Gleiche, Die Strecke ist zu lang, oder zu kurz, das Wasser ist zu warm oder zu kalt, und das Startgeld sowieso, naja dieses Jahr hätte man noch einmal...
"Haste schon gehört?!"
"Is' doch unmöglich!..."
Endlich waren alle Start aufgerufen. Und wir wurden aufgefordert, "zügig die Startpositionen einzunehmen, damit die Sportkameraden nicht so lange warten müssen". Na keine Sorge, als alter Fuchs im Freiwasser, wollte ich möglichst früh rein. Damit die kältebedingte Schnappatmung dann auch bis zum Start aufhören würde – Eigentlich total bescheuert: Möglichst früh rein, WEIL es so kalt ist. Es gab extra vier Leitern aus Alu, um vom Kai ins Wasser zu klettern. Zögernd stand ich da, scheiße, kalt, kalt, kalt, naja, das Ufer war ja nie weit weg, ich konnte jederzeit problemlos aussteigen... Ach leckt mich doch, Arschbombe! Uaahhh, kalt, Schnappatmung... Deswegen lieber zur Startleine brusten, die Kälte piekte in die Haut, das Atmen ging dann aber schnell wieder. Andreas sortierte sich direkt neben mir ein ein, wir hielten noch ein kleines Schwätzchen.
Start, locker bleiben, 5km sind lang, such Dir ein paar schnelle Füße. Ah, da. Ja, das ist ein prima Tempo! Schwapp! Nanu? Kann der Kerl nicht gerade aus schwimmen? Äh, ach so, eine Welle von links hat uns mal ein wenig durch geschaukelt. Kann wohl auch sein, dass ich nicht geradeaus schwimmen kann. Zwei schnelle Wasserballerzüge und ich war wieder dran. Das passiert bis zur ersten Boje ungefähr 42 mal. Egal jetzt ging es ja direkt gegen den Wind, die Wellen würden von vorne kommen, da würde es besser gehen! Ja ja, entweder klatschte man mit dem langen Arm und dem gefühlten halben Oberkörper hinter der Welle aufs Wasser, oder man hackte in Schulterhöhe den ganzen Arm in die Welle. Bei diesem Auf und ab mal einen Blick auf die zweite Boje zu erhaschen war auch nicht so ganz einfach. Nun ja, hinter der zweiten Boje würde es bestimmt besser werden! Und wieder hatte ich nicht zu Ende gedacht. Die Wellen kamen nun von rechts. Ich kann zwar problemlos zu beiden Seiten atmen, aber ohne den schwarzen Strich am Beckengrund schwimme ich nicht ganz gerade aus, wenn ich nach links atme. Also gab es zum ständigen Verlust meiner Gruppe noch ab und zu mal einen tiefen Schluck Warnowasser, lecker! Aber! Nach der dritten Boje würde es nun endlich besser werden! Ganz bestimmt! So direkt an der Kaimauer entlang würde ja wohl endlich mal Ruhe sein. Haha, wieder falsch gedacht! Hier ging es erst richtig rund! Hä? War ich in eine Waschmaschine geraten? Ach so, logisch, die Wellen klatschen an die senkrechte Kaimauer, und werden reflektiert. Kabbelwasser heißt das wohl bei den Seeleuten... Oder so ähnlich. Die Vierte Boje, hier musste es doch mal besser werden, schlimmer ging's ja kaum noch. Och nö, was ist das denn? Logisch, die Wellen liefen hier senkrecht auf die Kaimauer, das Kabbelwasser war natürlich noch schlimmer. Endlich hatte ich die erste Runde fertig.
Ungefähr an der Stelle habe ich die Versuche aufgegeben, an irgend einer Gruppe dran zu bleiben. Dieses ständige Gesuche mit den anschließenden zwei Wasserballerzügen, um wieder dran zu kommen, wurde mir einfach zu anstrengend. Einfach mein Tempo schwimmen, möglichst den Kurs halten, und auf alle Fälle durchkommen! Kurz danach gingen wohl wegen des kalten Wassers die Krämpfe los. Nicht schlimm, das war immer mit einem leichten Anziehen der Fußspitze zu regeln. Aber die Wasserlage wird davon nicht gerade besser. Viel schlimmer fand ich allerdings die Sorge, dass mich ein richtiger Krampf außer Gefecht setzen würde. Denn ein Gutes hatte dieses ganze Gewühle: Ich hatte die Wassertemperatur völlig vergessen. Und sie mich wohl auch. Am Ende der zweiten Runde stellte ich überrascht fest, dass eigentlich nicht so ein Problem war. Ich gab diesem Rennen das Motto "Irgendwas is' ja immer!" und macht mich grimmig an die zweite Hälfte. Dritte Runde fertig, manchmal kam die Sonne raus, das wärmte, ganz bestimmt. So mein Lieber, jetzt machst Du das Scheißding hier aber auch fertig! Aus irgendeinem Grund habe ich in der dritten Runde mal den Dreierzug probiert, keine Ahnung, warum das besser lief – vielleicht weil ich so besser auf "lang!" und "gleiten" eingenordet wurde? - Auch egal, der Countdown lief: Wenn Du an der Boje vorbei bist, hast Du nur noch!.. Endlich! Das Ziel! Fertig!
"Was habnich'n für ne Zeit?"
"Eben war 1:13 durch"
- Was? Geil, hätte ich echt nicht gedacht!...-
Der Streckensprecher: "Aplaus für die Nummer bla, hier kommt mit einer Zeit von1:30:?? bla bla ins Ziel!..."
-Oh! Peinlich! Zum Glück hat das ja keiner mit bekommen! -
Von der Zeit war ich dann doch ziemlich enttäuscht, da hatte ich mir doch etwas mehr ausgerechnet. Um noch einen draufzusetzen stellte sich bei der Siegerehrung raus, dass der Sieger in der AK70 schneller war als ich.
Aber meinen Risenrespekt für diese zähen alten Säcke!
Rennsplitter- Der
Kurs- Für die Sieger in den Aks gabs noch ein Küßchen von
Britta Kamrau, ist auf jeden Fall eine
Motivation da dran zu bleiben
- Der offizielle
Bericht-
Richtig harte Jungs:
http://www.dsv.de -> Schwimmen -> Aktuelles -> 26.06.2011 Benjamin Konschak Deutscher Meister über 25 km
- Und
noch härtere Mädels -> Schwimmen -> Aktuelles -> 26.06.2011 Antje Mahn neue Deutsche Meisterin über 25 km
(Sorry, die Links wurden mir hier einfach zerhackt)
Und was lerne ich daraus?1.Drei Wettkämpfe in sieben Tagen sind nicht
so eine tolle Idee. Aber eigentlich wusste ich das vorher schon.
2.Ich brauche bei den Freiwasserwettkämpfen keine Angst mehr vor kaltem Wasser zu haben
3.Diese Erkenntnis verhindert beim nächsten Mal hoffentlich, dass ich den Schwanz schon vor dem Start einziehe.
4.Ich habe mir dann noch das Rennen der Frauen angesehen, besonders die Führungsgruppe. Da wird ein ganz anderer Stil geschwommen als im Becken.