lebkoungman hat geschrieben:
ich glaube mit vernunft oder der frage nach moralischer rechtfertigung sind die taten der RAF nicht zu erklären. ich sehe das ähnlich wie vb_man. der harte kern der RAF ist am system BRD verzweifelt und hat zu nicht legitimen mitteln gegriffen.
wenn ich mir allerdings die biographie von
hanns-martin schleyer so durchlese kann ich irgendwo verstehen das von seiten der RAF so jemand zum feindbild allererster güte hochstilisiert wurde.
das rechtfertigt aus meiner sicht natürlich nicht seine ermordung. aber was war das damals für eine gesellschaft und für ein staat, wo sich der mächtige führer der arbeitgeberschaft öffentlich hinstellen und stolz auf seine SS vergangenheit sein kann? heutzutage nicht mehr nachvollziehbar.
Um das Feindbild Schleyer zu verstehen empfehle ich "Großes Bundesverdienstkreuz" von Bernt Engelmann zur Lektüre.
Die sog. Eliten der Eliten der BRD waren in den 50er und 60er Jahren durch die Eliten der Nazionalsozialisten geprägt. Ich kann es durchaus nachvollziehen, dass man eine Gesellschaft verachtet, die durch Figuren wie Globke, Oberländer, Filbinger, Carstens, Kiesinger oder eben auch Schleyer geprägt wurde.
Ich lehne mich jetzt mal ganz weit raus und sage: wenn Willy Brandt 1972 nicht Bundeskanzler geworden wäre, dann hätte eine weitaus heftigere Terrorwelle die BRD überzogen. Mit Willy Brandt war das erste Mal in der Geschichte der Nachkriegsrepublik ein glaubwürdiger Vertreter aus den Reihen der Nazi-Opfer an der Macht. Seine Glaubwürdigkeit, seine Integrität, sein Credo "Mehr Demokratie wagen" hat vielen Menschen in dieser Republik Hoffung gegeben und viele junge Menschen vor dem Abdriften in die Illegalität bewahrt. Ohne Brandts Friedenspolitik hätte es 1989 keine Wiedervereinigung gegeben. Brandt wurde von vielen nationalkonservativen und AltNazis in der BRD gehasst und aktiv bekämpft. Unter anderem auch von Netzwerken, in denen AltNazi Schleyer die Fäden gezogen hatte.
Und jetzt mal eine ganz einfache Frage:
Sind die Repräsentanten der AltNazis und alten Eliten, die sich in feinem Tuch staatstragend gegeben haben, die Feinde der Demokratie?
Oder sind diejenigen, die sich gegen die Repräsentanten des Schweinestaats wehren die Feinde der Demokratie?
Wenn man zu der Erkenntnis gelangt, daß man mit rechtsstaatlichen Mitteln gegen die Repräsentanten des Rechtsstaates nicht ausrichten kann, da der Rechtsstaat die Regeln nach seinem Gusto auslegt, dann ist der Weg zum bewaffneten Kampf nicht mehr weit.
Wie bereits gesagt, den Attentätern auf Hitler werden Gedenktage gewidmet, die Attentäter auf Schleyer sitzen im Knast.
Ein Mann mit einer Vita wie Schleyer hätte niemals diese Funktion einnehmen dürfen die er innehatte. Interessanterweise wurde sich damit weder im sog. Deutschen Herbst noch heute intensiv auseinandergesetzt. Diejenigen, die sich damit auseinandergesetzt haben, sitzen noch im Knast.