06.04.2008 - Berliner Halbmarathon
Ich starte ja grundsätzlich nicht mehr bei SCC-Veranstaltungen außer dem Marathon, da die Geschäftspolitik dieser aus dem Verein hervorgegangenen Event-Agentur mir absolut nicht schmeckt - hier gab es aber mal eine Ausnahme. Und das kam so:
Ich bin ja eher selten in Foren zu finden (
) aber zufälligerweise las ich dies hier:
Pacer 4:18 gesucht für spannende AufgabeMir war gleich klar, dass es sich da um Regina Vollbrecht handelt (die auch schon Roth gefinisht hat) und da ich Franz Feddema fast so lange kenne wie ich laufe, war ein Telefonat eine Selbstverständlichkeit. Reginas "Standard"-Pacer wollte selbst auf Zeit laufen, also musste Ersatz her. Ein Vereinskollege von Ihr traute sich nur 11 Km in dem Tempo zu und so brauchte sie noch jemanden. Da ich Ende der 80er/Anfang der 90er einen Blinden Marathonläufer im Verein hatte und mit diesem regelmäßig trainierte und auch Wettkämpfe lief, sagte ich also zu.
Da der Halbmarathon direkt vor meiner Haustür vorbei geht (Km 9) und ich bei Km 11 einsteigen sollte, plante ich von mir bis dorthin einzulaufen, dann mit ihr bis ins Ziel, von dort dann die Streck ablaufen bis nach Hause und so dann auch ein Halbmarathon für mich. Um das zu realisieren, musste Samstag noch auf der Sportmesse ein Rucksack deponiert werden mit meinen Wechselsachen (der dann zum Ziel am Sonntag transportiert wurde) damit ich beim Auslaufen nicht friere, aber wenn man genügend Leute kennt geht alles.
Zum Kennenlernen traf ich mich mit Regina am Donnerstag nachmittag und lief lockere 13 Km auf der flachen und schnurgraden Krone, um mich wieder ans Laufen mit blinder Begleitung zu gewöhnen. Ihr Hundchen die ganze Zeit dabei.
Sonntag dann rechtzeitig losgetrabt und an der Strecke entlang, immer mit einem Auge nach hinten, nicht dass sie deutlich schneller unterwegs ist und ich sie verpasse. Bei Km 11 dann postiert und nach knapp 4 Minuten sah ich sie von weitem mit ihrer Begleitung - ziemlich genau nach Fahrplan unterwegs. Im Vorbeilaufen dazugesellt, das Verbindungsbändchen übernommen und das Tempo eingetaktet. Erster Gedanke: "Ganz schön voll um uns rum!"
Als Begleitung bei einem solchen Rennen hat man mehr zu tun als man vorher denkt und einem lieb ist. Zunächst muss man das Tempo sauber halten können, dann gilt es, jegliche Unebenheiten zu sehen und zu umlaufen, Kurven anzusagen (möglichst mit Gradzahl, damit sie weiß, wie weit es rumgeht), auch kleine Steigungen zu melden und sich um die Verpflegung kümmern. Die größte Herausforderung allerdings ist es, die anderen Teilnehmer vor und hinter (!) einem zu beobachten und aus den Bewegungen zu lesen, wo sie eventuell hinlaufen könnten und die Blinde um unvermittelt stehenbleibende Athleten herumzumanövrieren. Dazu kommen dann noch die ganz depperten, die trotz deutlicher Hinweise auf dem Trikot extrem eng von hinten an ihr vorbeilaufen. Allerdings bekam ich von ihr auch mehrfach den Hinweis, dass von hinten einer zu eng vorbei will - sie hört das halt, ich nicht.
Das Tempo ist nicht ganz 4:18 min/km aber wir sind gut im Tritt. Der erste Pacer läuft weiterhin neben her und hält den Weg frei. Besondere Vorkommnisse gibts keine bis auf einen Vereinskollegen von Regina, den wir einholen und der augenscheinlich ein massives Problem damit hat, von ihr überholt zu werden. Er bleibt neben uns und labert sie voll. Kurz bevor mir der Kragen platzt, motzt ihn Regina selbst an "Halt endlich die Klappe" und er verschwindet nach hinten.
Am Ende wird nochmal 'ne Schippe draufgelegt, meine Beine melden sich aber auch schon und ich bin froh, dass sie nicht schneller läuft. Letzter Zielspurt und nach 44:15 für die 10,1 Km sind wir im Ziel. Ihre Gesamtzeit ist 1:31:35, den ersten Zehner in 43:03, also am Ende ca. 45 Sekunden verloren. Medaille holen, was trinken und dann zum Kleiderzelt wo unsere Sachen warten. Regina überlegt dann, was sie macht und beeindruckt mich wieder damit, wie selbstverständlich jemand ohne Augenlicht sich bewegen kann.
Ich trabe nach Hause und lege mich nach 5 Km auf vollkommen glatter Straße wieder auf die Schnauze - Knie offen, Hände abgeschürft und total deprimiert, weil das nun das vierte Mal ist, dass mir sowas passiert und ich einfach nicht weiß warum.
Wettkampf-Fazit:
- SCC-Großveranstaltung mit allen Pros und Cons, werde ich weiterhin nicht starten außer zu solchen Anlässen
- meine Form ist immer noch desolat, den ganzen HM wäre ich wohl so durchgelaufen aber nicht als Begleitung, da ist ein Polster nötig, das ich nicht habe. Nett war's aber allemal.