Roth 2009- ein Stück in 4 Akten1.AktRückblende
Der Hauptprotagonist des folgenden Stückes sucht Anfang Oktober 2007 die Schwimmhalle auf. Bei leicht theatralischer Musik und ähnlich dramatischen Lichteffekten sieht der Zuschauer, wie er sich nur mit Müh’ und Not über Wasser halten kann und, nachdem er das halbe Becken leergetrunken hat, entnervt die Halle verlässt. Kameraschwenk auf eine nahe Bar.Moritz (M): „Man man, Schwimmen ist echt nicht mein Ding...“
Ein Freund: „Was musstest du dich auch für Roth anmelden?“
M: „Jaaaaa... ist ja noch was hin, bis da lerne ich das noch schon, des sollte passen...“
...einige Gesprächsfetzen folgen, beide verlassen die Bar.
Szenenwechsel: Mittwoch, 9. Juli 2008M. betritt seine Wohnung. Ein schöpferisches Chaos aus alten Modellen, neuen Modellideen, einem Haufen Bücher, Zeitungsschnippseln, Notizen, Zeichnungen, immer wieder durchbrochen von durchscheinenden Lenkern, Laufrädern, Sätteln, verstreut umher liegendes Werkzeug. Ein halb zusammengeschraubtes Fahrrad steht mittig auf dem Tisch, der Neoprenanzug hängt an der Wand.
M (hektisch): „Verdammt... ich muss das Radel zusammenbauen... und übermorgen geht’s schon los, ich habe nicht trainiert, bin viel zu fett geworden und überhaupt... wie bekomme ich das finanziell geregelt, wo schlafe ich, wie regle ich den Wettkampf... achje achje achje....!“
Er beginnt, hektisch und wahllos irgendwelche Sachen in Taschen zu verpacken, bis er der jüngst erstellten Packliste gewahr wird; sofort wird alles wieder ausgepackt und in der Mitte des Raumes zu einem mannshohen Haufen aufgeschichtet.M (panisch): „ ...Laufschuh... drin... achnee, waren ja 2 Stück... drin... Skinfithose... drin... Handtuch... drin.... besser drei.... drin... ob das Bifi in den Aerobar passt? Saltsticks hat ja jeder... hmm.... drin... Sonnenbrille... drin... wobei, mit der seh ich bei Regen nix... egal, es regnet nicht- drin....... „
(leise, deliriumsartig vor sich hin brabbelnd packt er die Taschen und schraubt das Rad provisorisch zusammen; das Licht blendet langsam aus)
Donnerstag, 10. Juli 2008, gleiche WohnungIrrsinnig laute Musik dröhnt aus der Stereoanlage, es ist früh am Morgen.
M schläft.
Einige Sekunden später sind aggressive Tritte von der Wohnungstür zu vernehmen.Nachbar (gedämpft, schreiend): „Mach die sch*** Musik aus, verdammich nochma, es ist sechs Uhr in der früh, und zwar zackich, oder es setzt was!“
M (gähnend): „Mmmmmhmmmmmgnnngghhhmmm“
L
angsam steht er auf, schaltet die Musik leiser und setzt Kaffee auf.
Die Musik geht mit der aufputschenden Wirkung des Koffeins einher, M erinnert sich des Wochenendes und geht panisch die Packliste noch einmal durch. Der mannshohe Haufen des Vortages wird, trotz gleichen Materials, doppelt so hoch. M verschwindet, als dieser umkippt, kämpft sich mühsam empor und packt alles erneut in eine viel zu kleine Tasche. Draussen Kindergeschrei, die Schule beginnt.M (blickt auf die Uhr): „Mist, der Zug fährt gleich... ich muss los, sonst schaffe ich es nicht zu Björn und muss Laufen!“
Er schultert Rad + Tasche und verschwindet aus der Tür.Licht aus.
Licht an.
Panisches Wiederreinkommen, Aeroflasche suchen, einpacken, raus.Licht aus.
Licht an.
Extrem hektische Wiederkehr, Ventiladapter einstecken, raus.Licht aus.
Licht an.
Rückkehr am Rande des Nervenzusammenbruchs, Helm anhängen, zum Zug rennen.Licht aus.
Szenenwechsel: Der RE1 von Aachen nach Köln M sitzt völlig abgekämpft im Abteil, Rad und Tasche neben sich, Schaffner kommt.S: „Fahrscheine bitte.... danke... danke... Fahrscheine bitte...“
M: „Studentenausweis... Perso... bitteschön... und noch eine Karte für das Rad...“
S: „Ja sofort“ (wendet sich nach gegenüber) „Fahrscheine bit... ah, danke, haben sie eine Karte für das Rad? Ja, dankeschön, auf Wiedersehen“ (geht)
M (perplex): „Wieso wollte der meine Radkarte nicht?“
Fahrgast: „Ach, die deutsche Bahn ist doch das gleiche wie Terri Schiavo: Das Hirn ist tot, das Herz schlägt aber noch“
M: „.....“
Szenewechsel, Köln Hbf:M bastelt sein komplettes Wettkampfrad auseinander; mit insgesamt 4 Leuten inkl. Deren Gepäck zwängen sich alle in einen kleinen Corsa; der Zuschauer erkennt das völlig verformte, an die hintere Seitenscheibe gepresste Gesicht von M, inmitten einem Gewirr aus Hochprofilfelgen, einer Scheibe und Bremskabeln.Fahrtgeräusche, Kameraführung springt auf FFM Hbf.
M schraubt das Rad wieder zusammen, eine Schraube löst sich, er hechtet hinterher- knapp, aber er erreicht sie noch.M: „Puuuh, Glück gehabt, ich hätte 4m da runter klettern müssen... auf FlipFlops... das war knapp!“
Dackel Fiffi betritt das Szenario, bellt, wedelt mit dem Schwanz, springt herum und wirft eben genannte Schraube am Geländer vorbei in den Abgrund.
Zur Wahrung der Jugendfreigabe nicht näher genannte Flüche brabbelnd verschwinded M in der Tiefe & taucht wenig später dreckverschmiert, schwitzend und mit Schnittwunden übersäht wieder auf. Hände, Gesicht und Hose voll Öl von einer widerspenstigen Fahrradkette beschmiert, macht er sich auf zum Zug gen Rodgau, wo es zu Björn geht.
Szenewechsel, Björns Wohnmobil, Rad + Gepäck ist elegant verstaut im hinteren Teil des Wohnmobils zu sehen.M sitzt hinter Tanja und Björn auf einer Kiste und beginnt langsam, aber sicher in einer komischen Verrenkung einzuschlafen. Mehrere Male wacht er wieder auf, mimt gestisch eine Mischung aus einem Rheuma-, Arthritis- und Epilepsiekranken und schläft wieder ein; nachfolgend wird er einen Muskelkater im Hintern (bis zum Start des Wettkampfes), einen steifen Nacken und diverse andere verspannte Körperteile spüren. Die Diskussionen bewegen sich zwischen weiblichen Fressattacken auf Chips und Schokolade, was böse Fressattacken seitens des angeheirateten Triathleten nach sich zieht, und der maximal zulässigen Geschwindigkeit von Wohnmobilen auf deutschen Autobahn (selbst ein eingeblendetes Telefongespräch mit einem angehenden Führerscheinanwärter kann keine Aushilfe geben).
Wiederum Einschlafen... langsames Lichtausblenden, Traumeffekte von einem Zieleinlauf unter 7h49min, Weltrekord, Jubel!, Bremsen, wachgerüttelt: Realität.
Rüttelnde Bremsbewegungen, M öffnet verschlafen die Auge, Szenerie: Fränkischer Urwald; M wird von Vlatko, im Programmheft als „Scubac, der aufgeblasene Neo- Fetischist“
angepriesen, empfangen und sodann in dessen fürstliche Gemächer geführt; die eigentlich vollkommen normalen Lebensräume Vs werden von M ehrfürchtig und mit Bedacht durchschritten, ist er doch normal nur winzige, studentische Kaschemmen gewohnt.V: „Hey, Moritz, Hunger?“
M: „Ach, mach dir keinen Stress, passt schon...!“
V: „Durst?“
M: „Kein Stress!“
V: „Brauchst noch was für das Rad?“
M: „Nee, kein Stress, das geht schon alles so“
weiterhin leises, unbestimmtes Gefrage nach dem Wohlbefinden; dem Hörer erschliessen sich nur die immerwährend gleichen „kein Stress!“- Antworten von M; von mal zu mal verdreht V mehr die Augen.
Besuchssituation: Anja (nachfolgend immer mit Engelsflügeln ausgestattet) und Frank (buschiger Bart, durchtrainierte Beine, große Kriegsaxt) bringen Laufräder vorbei; kurzes Geschnacke, Einbau derselben, Abfahrt zur Nudelparty.Szenerie: Laute Gespräche im Hintergrund, ins Auge stechen einige, an australische Laufvögel erinnernde Gestalten im Mittelpunkt der Halle; hunderte durchtrainierte Athleten sitzen vor sich durchbiegenden Tischen, die Teller jeweils meterhoch mit einem Gemisch aus Nudeln, Salat, Kuchen, Müllermilch, Kaffee, Cola, Obst, Joghurt und dergleichen beladen.
Die Haufen werden zunehmend weniger, die ursprünglich hager bis dünnen Triathleten gleichen immer mehr dem amerikanischen Durchschnittsbürger; abschliessend werden alle von einem Speditionsunternehmen mit Sackkarren, Gabelstaplern und Kränen abgeholt.
Ein endloser Athletenstrom, die Räder in die Wechselzone schiebend. Große Materialschau, vor lauter Glänzen und Blitzen der teuren Zeitfahrmaschinen erkennt der Zuschauer fast nichts. Einzelne Gesprächsfetzen dringen durch.„...sub10 sollte schon drin sein“
„...aber auch ein scheiss Wetter...“
„...Lutschen würde ich doch niemals, was denkst du von...“
„...die Zipps habe ich gestern noch schiessen können für nur...“
„...einen neuen Lenker bin ich noch nie eingefahren, das passt...“
„...morgen früh hab ich keine Zeit, die Riegel aufzuschneiden, deshalb jetzt...“
„...Schutzbleche, bist du irre?“
„...Dreckswetter...“
Dialog in einem Supermarkt, im Hintergrund das „Aldi“-Schild erkennbar:M: „Guck mal, was die für einen Schmu verkaufen, eine „Matsch-und-Buddeljacke für Kinder“, man man...“
V: „Na das wäre doch was für dich, das türkis sollte dir super stehen!“
M: „Das ist Größe 164.... aber sie ist heruntergesetzt von 6,99 auf glatte 3 €!“
V: „Na dann nimm sie doch mit!“ *lacht*
M: „Wobei... wenn es regnet...“
V: „Du willst das Ding nicht wirklich mitnehmen... „
M: „Ich könnte die Ärmel abschneiden!“
V: „Das ist eine verdammte Kinderjacke.“
M: „Aber ich habe sonst keine Regenjacke... ich nehms mit, als Weste“
V: „Wenn du meinst“
M: „Und ausserdem stehts mir!“
V: „...“
Kurz vor Schlafengehen sieht man M noch bei Kerzenschein kraftverstärkende, einen Laufvogel symbolisierende Kriegsmalereien der Aborigines auf die Weste auftragen.
Licht aus.2. AktEin Vogel vor der Terrasse, schlafend auf einem Baum. Lautes Fluchen à la „...ist das früh...!“,
„Wieso tun wir uns das an?“,
„Jedes Mal morgens der gleiche Mist“,
„Es regnet, na toll“
u
nd dergleichen werfen ihn, bevor er sein allmorgendliches vier-Uhr-dreissig-Tirili vortragen kann, aus seiner Schlafstatt. Sichtlich verärgert fliegt er davon.
Im Hintergrund verlassen zwei dunkel gekleidete Gestalten das Haus und fahren davon; der Zuschauer bekommt noch einzelne Worte mit wie 'Rob', 'Bahnhof' und 'Schwimmstart'.
Auf einer eingeblendeten Landkarte kann man nun den Weg verfolgen, den das Auto gen Heuberg nimmt; die Komplexität der Route und die versuchte Annäherung an die Hauptstraße kann einem Wollknäuel ernste Konkurrenz machen.
Wechselzone, M, Osso, Vlatko, Rob nebst anderen AthletenM: „Guck mal an, der Neo passt ja noch!“
R: „Wann hattest den denn das letzte Mal an?“
M: „Roth 2005“
R: „Oh...“
M: „Ja, aber passt ja noch... kannst ihn eben zumachen?... Danke! Wo kommen eigentlich die Wechselbeutel hin?“
V: „Oh, also ich konnte meinen grad eben noch so kurz vor knapp abgeben... beeil dich!“
M: „Mist mist mist, ja ja.... hab alles....“
V: „Deine Jacke!“
M: „Ah danke... okay“
Eine Durchsage: "Alle Athleten... 1950 bis 2200... Schwimmstart.... 5 Minuten"M: „Scheisse!... oh, da ist ja Anja, huhu!“
*PENG*
Allgemeines Gehaue, im Profil sieht man, wie M immer mehr unter Wasser gedrückt wird... er fällt zurück... fluchend beginnt er, brustschwimmend seine Bahn zu ziehen.
In einer Rückblende wird der Zuschauer an das Schwimmerlebnis zu Beginn erinnert.
Rechts am Rand eine Literanzeige des geschluckten Wassers, die bis zum Ende auf einen gefühlten Wert von 27 Litern ansteigen wird.M: „Morgen! Wo sind wir hier?“
Rettungssanitäter 1: „Wie wo sind wir hier? Auf der Lände vielleicht, im Kanal?“
M: „...nein, bei wieviel Kilometern...“
R 1: „Achso... anderthalb werden es ca. sein!“
M: „Oh, merci, vielen Dank, einen schönen Tag euch noch!“
R 1: „Ebenso!... *leise* Was war das denn für einer, seit wann quatschen die beim schwimmen?“
M: „Morgen, wie geht’s so?“
R 2: „Äh... gut, und selbst?“
M: „Alles bestens... wieviel Uhr haben wir grad?“
R 2: „Neun Uhr fuffzehn etwa“
M: „Ah, optimal, lieg ich gut in der Zeit... viel Spass euch noch!“
R 2: „Danke, dir... äh... auch...!“
Verschiedene, inhaltslose Gespräche mit diversen Sanis während dem Schwimmen; irgendwann torkelt M an Land; eine ewig lange Wechselzeit lässt sich durchs Anziehen von einem ganzen Berg an Winter- und Hochgebirgsklamotten, bestehend aus 1 Top und 1 Weste, erklären; Schuhe anziehen erstmals im Zelt anstatt auf dem Rad.Nachfolgend: RadelnEingeblendete Publikumslacher, wenn Athleten wieder einmal ausrutschen, weil sie mit den hochangepriesenen Kompressionssocken und Schuhen am Rad soviel Grip auf matschigem Rasen haben wie ein spüligetränkter Bobschlitten auf der Eisbahn.
Die Kanal-Trinkwasser-Anzeige am Rand wird ersetzt durch ein großes Thermometer, auf welchem die Körpertemperatur von M kontinuierlich von behaglichen 36°C absinkt auf gefühlte -10. Im Hintergrund rasen langsam Kilometerschilder vorbei.
Die ersten 30 Kilometer mit entspanntem Gesicht, vereinzelte Diskussionen mit Mitfahrern.X: „Toll, oder?“
M: „Ja, man muss sich nur vor Augen halten, dass wir auch noch knapp 300 Taler dafür bezahlen...“
X: „Cool, hab noch nie Geld für 'ne Lungenentzündung bezahlt... was 'ne Marktlücke!“
M: „Hehe... i wünsch a was!“
X: „Eine Lungenentzündung?“
M: „Die muss ich nicht wünsche, die haben wir beide eh schon!“
X: „...“
km70
Bergauf wird M stets von alles und jedem abgehängt, wogegen er bergrunter sämtliche (und einige mehr) Plätze wieder gut machen kann. km90
Ein anderer Radfahrer:Y: „Schickes Rad!“
M: „Danke... aber Schutzbleche fehlen“
Y: „ Das stimmt... die sind aber aerodynamisch nicht so das wahre“
M: „Das ist bei dem Wetter das allerletzte, was mir Gedanken machen würde“
Y: „Wenigstens müssen wir nichts trinken“
M: „Hmm?“
Y: „Mund auf sollte reichen... geht aber nur ohne Schutzbleche“
M: „Arghs, überredet, okay“
km120
Gedanken, als Selbstgespräche dargestellt.M: „Ist das kalt...“
M: „Ist das kaahahahaaaaalt“
M: „Hoffentlich steht irgendwo an der verdammten Strecke irgendwer den ich kenne... ich steig aus... das tu ich mir nemmer an“
M: „Woah, ideal, nun ein Brötchen.. ich kann den Süßkram nemmer sehen, lecker, doppelt Käse, extra Butter, Salami, gut dass wir das eingepackt haben!“
M: „Ob ich Anjas Haus in Thalmässing finde? Keine Lust mehr, mir ist kalt, ich hab Hunger...“
M: „Greding... wieso führt die blöde Strecke nicht am McDoof vorbei? Sch** auf die 5min, ich würde den McDrive mitnehmen“
km140
M wird überholt, schaut kurz, schaut nochmal lang und kippt fast um vor Lachen.
Großaufnahme des Überholenden: Staffelradler. Nagelneues P3C Carbon. Zipp 999 Scheibe hinten. Vorne Zipp Hochprofilfelge. Der niegelnagelneue Xentis-Lenker. Aerohelm der neuesten Generation. Schutzbleche.SCHUTZBLECHE?km150
M: „Es kann doch nicht sein dass ich auf der gesamten, blöden Radstrecke KEIN EINZIGES BEKANNTES GESICHT SEHE...“
M: „Nicht mal aussteigen darf man hier... na egal... die letzten 30km schaff ich nun auch noch“
M: „Oh man... wie kann bei dem Wetter nur so schmerzbefreit sein und mit Badehose radeln... Christian? Oh, hi, wie geht’s dir!“
C: „Moritz! Bissl kalt... sehr kalt“
M: „Ja, Badehose... Respekt!“
Kampfrichter kommt, M fährt weiter, winkt freundlich, KR lächelt und fährt weiter. Bei dem Wetter lässt man freundschaftliche Gespräche auch zu, lutschen kann eh niemand.
Berg. Christian tritt zweimal an und verschwindet aus Ms Blickfeld; er soll nicht mehr auftauchen.km178
M: „Ich fühle meine Beine nicht mehr...“
M: „Kalt“
M: „Jetzt noch ein Marathon?“
M: „Kaaaaalt“
Wechsel... die Helfer sind ein bissl langsam, dank eigenem Schild (Nr 2000) findet M seinen Beutel recht flux alleine. Matsch-und-Buddeljacke-aus-Aldi weggepackt, frische, trockene Socken + Schuhe an und es kann losgehen.
Die Beine fühlen sich gut an; bei km 3 etwa trifft M auf Stephen.M: „Servus... darf man sich anschliessen? Das Tempo passt etwa, fühlt sich gut an!“
S: „Na klar, alleine Laufen ist immer so öde!“
M: „Und wie liefs bei euch bisher beim Aquathlon?“
S: „Aquathlon?“
M: „Wie soll man 226km Schwimmen mit vereinzelten Rad- und Laufstücken sonst nennen?“
S: „Argument. Äh.. gut soweit, Beine halbwegs frisch, läuft“
M: „Das Tempo ist ja super, wenn wir das durchlaufen- optimal!“
S: „Auf jeden Fall!“
An jedem Verpflegungsstand hält M kurz inne, 1 Tuc und 1 Becher Cola; bei Hungergefühlen wird mit orgastisch verzerrtem Grinsen der geschmacklich weltberühmte Rother Laufstreckenreiskuchen eingeworfen.Richtung Schwanstetten:M: „Oh, hi Vlatko, alles gut?“
V: „Jojo läuft!“
M: „Torsten! Grüß dich!“
T: „Hehe, hi du!“
M: „Na Sven, gib mal Gas, Torsten ist max 'nen Kilometer vor dir!“
Sven: „Hey, Moritz!“
M: „Frank! Bis gleich!“
F: „Hehe“
M: „Rica! Schaut gut aus!“
R: „Läuft auch so!“
S: „Sag mal... kennst du irgendwen hier denn NICHT?“
M: „Ach, alles Emus, da machen halt recht viele von uns... oh, hi, Rob!“
S: „Ich merks schon... aber ist doch auch schon, bekannte Gesichter zu treffen!“
M: „Auf jeden Fall... Andi! Läufts?“
S: „Und alle siehst du nochmal... komm, ein Viertel ist geschafft, auf nach Eckersmühlen!“
M: „Die Beine tun weh... na okay...“
km24+
M: „Jetzt der Wald, die Straße über die Brücke, dann sind wir schon fast am Wendepunkt!“
S: „Jap... wie geht’s den Beinen?“
M: „Frag nicht“
....
M: „Man... 28km schon... ich kann nicht mehr, ich brauch eine Gehpause... mach allein weiter, komm“
M geht 2 Schritte und hat eine Hand im Rücken.Der Unbekannte in blau: „Na komm Jung, ich bin jetzt 10km hinter euch gelaufen und ihr habt mich so gut gezogen, du hast gefälligst nicht schlapp zu machen!“
M: „Sadist.“
„Ja, hehe, und nun lauf“
M: „Ist ja gut... alles Kopfsache“
Am Wendepunkt: Anja, wieder ausstaffiert mit Engelsflügeln... eine Umarmung und M leuchtet auf. Noch 12km to go!
Frank überholt: „Komm Moritz, das schaut echt klasse aus, du machst das!“
M: „Ja... klappt auch.. aber aua aua“
F: „Nicht locker lassen, komm!“
M: „Ich würd ja dranbleiben, aber du läufst mir zu schnell“
F: „Hehe... lass lieber, ich bin ja noch kein Rad gefahren“
M: „Bis später!“
Ein frierender Spanier...
M: „Come on, run!“
Z: „Sorry.. too cold... too cold“
M läuft weiter... da, Geistesblitz, das Top in der Rückentasche! Zurückrennen,
M: „Take that... it'll help! And remember my number, 2000, got it?“
Z: „Oh wow... thanks... thank you so much“
Mit Stephen stellt sich allmählich eine halbwegs schweigsame, das Tempo durchziehende Leidensgemeinschaft ein; der Wald zurück zur Lände und dort bis zur Brücke passts.
M besinnst sich auf das Greif'sche Lauftraining, das er schon so verinnerlichte, dass er mithin fast jeden Trainingslauf mit Endbeschleunigung anging... er zieht das Tempo an und rennt ab 38 in einem halbwegs lockeren 5er Schnitt gen Roth.Bergrunter, vorsichtiges Kräftehaushalten, Krämpfen vorbeugen. Bei km40 ein Mensch mit Karton (MmK)
MmK: „Naaaa, siehst aber noch frisch aus“
M: „Aaaah sei leis“
MmK: „Willst 'n Eis?“
M: „Bitte was?“
MmK: „Eis!“
M: „Hmm... egal, den Weg schaff ich notfalls auch mit Magenschmerzen, immer her damit!“
MmK: „Bittschön, viel Spass damit!“
M: „Hehe, danke“
M: „Vlatko! Wie läufts?“
V: „Na siehst doch, gehen“
M: „Kommst halt mit, bissl bergrauf nu...“
V: „Jaaa... okay...“
M: „Schau mal, ich hab ein Eis bekommen... hat kein Mensch, Zielphoto mit Eis!“
V: „Nur Verrückte essen Eis beim Challenge... aber schau mal... ich hab auch eins!“
M: „...“
V: „Lauf mal weiter, ich packs nemmer... wir sehen uns oben!“
Der Zielkanal; lautes Zuschauergetöse im Hintergrund, Tröten, Schreie, Rufe, alles dabei.
M gibt alles, rennt, rennt, rennt, an Staffeln, Einzelstartern usw vorbei, bis er 100m vor dem Ziel ein lauschiges Plätzchen erwischt, auf dem er alleine am Photo zu sehen ist... Auf einer Wolke schwebt er ins Ziel, Tränen blitzen in den Augen.
Wie im Rausch nachfolgend die Endverpflegung; alle sind sie versammelt: Anja, Torsten, Sven, Frank, Vlatko, Rob, alle Emus sind da.
In Trance den Bauch vollschlagen, duschen, essen, massieren lassen (gleich von 2 hübschen Mädels), mampfen, Rad holen, Finisherparty und abends bei Vlatko einkehren... sofort einschlafen.
3. AktMorgens. M wacht auf, versucht sich zu setzen.
Der Körper besteht sichtlich aus einem einzigen, großen Schmerz; M trägt einen Anzug aus nach innen gerichteten Stecknadeln, die ihn bei jeder Bewegung pieksen.Der Blick aufs Handy: 5 Anrufe? Alle von Jens?
M: „Jens, du hast mich angerufen!“
J: „Ja verdammt wo bist du? Ich fahr jetzt!“
M: „Wie du fährst jetzt? Du meintest, du bleibst bis abends und haust dann ab!“
J: „Ja ich dachte, die Preisverleihung ist abends... da war ich eben, hab ich angemeldet und fahre nun!“
M: „...äh... Mist... und nun?“
J: „Wenn du dich beeilst und nach Heuberg an den Rothsee kommst, kannst noch mit“
....
M: „Vlatko? Vlaaaatkooo!!! Sorry, dass ich dich wecke... will keinen Stress machen...“
V: „Mmmmhmmwasdennlos?“
M: „Jens fährt jetzt schon... äh... kannst du mich gen Heuberg fahren?“
V: „Mmmmmmhmmmokay“ *gähn*
M packt hektisch alles zusammen... was nicht passt, wird passend gemacht, zum Glück ist das Rad noch im Auto.
Am Rothsee viel zu schneller und hektischer Abschied von Vlatko, es geht los mit einem rumpelnden, knarzenden, lauten Wohnmobilanhänger. Das Ding hat Charakter!M schläft ein... traumloser Schlaf, aufwachen, bewegen, SCHMERZ.Raststätte: Alle schauen M bemitleidenswert an, wie er humpelnd und keuchend die Behindertenrampe statt der Treppe nimmt. Die Toilette wird gar nicht erst aufgesucht... Keller? Treppe? Oh Gott!Köln-Ehrenfeld, aussteigen, schnell schnell, die Ampel springt wieder um: Nochmal ein viel zu schneller Abschied.
Rad schultern dank Platten, Bahnhof, Zug, Aachen, Zuhause, M schläft ein.
4. AktSo, das war ein Haufen Arbeit diesen Kram zu schreiben, es hat aber auch eine Menge Spass gemacht, den WK so zu rekapitulieren... alles in allem war es wieder mal, trotz Bronchitis nun, ein Mordsspass und eine Heidengaudi, alle Emus wiederzutreffen.
Ein ganz, ganz besonderer Dank geht an:
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Tanja & Björn für die tolle Mitfahrgelegenheit von FFM nach Roth, ohne euch wäre ich echt zuhause geblieben und hätte das sausen lassen
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Vlatko!!! Für die exzellente Unterbringung und das Essen, Kost & Logis waren spitzenklasse, vielen vielen vielen lieben Dank für alles! Und: Kein Stress...

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Anja! für alles vor, während und nach dem Wettkampf, so 'ne Umarmung kann echt verdammt gut tun... hat sehr geholfen
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Frank! Für seine Laufräder, ohne die ich auch nicht hätte starten können... hoffentlich geht’s den Dingern gut und ich hab nichts kaputt gemacht?
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Andreas für den Schlauch, den ich nicht mehr auftreiben konnte (wie bekomm ich das Ding wieder zu dir?)
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Torsten... so ein Weizen am Vortag kann echt guttun, hätte sonst kein Auge zugekriegt die Nacht
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Jens... ohne diese liebe Seele hätte ich den kompletten Weg von Roth nach Aachen laufen müssen, was nach dem WK bestimmt, öhm, „beschwerlich“ geworden wäre
- dem
Spanier, der mir mein Top wieder in den Beutel packte mit einem Zettel "You were like an angel, thank you... finally i couldn't finish, but the drytop was a little bit warmer than without... thank you!". Aus solch warmen Momenten besteht die Challenge!
- und die Zuschauer. Ohne eure Motivation... nicht auszudenken. Nichts geht über euch!
- die Helfer... ohne die aufmunternden Worte wäre ich stehengeblieben, ohne das Essen verhungert, ohne das Trinken verdurstet. Ihr seid die Besten!
und allen Mitemus und sonstigen lieben Gestalten, die man vor, nach und während Roth immer mal wieder getroffen hat und die das ganze zu einem echt unvergleichlich schönen, wenn auch ziemlich nassen, Erlebnis gemacht haben
Danke, danke, danke. Ihr seid die besten, ohne euch wäre das nie etwas geworden.Und sorry ob der Länge dessen hier...

:
euer M
Vorhang zu.