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Internationale Pressestimmen zum Verlauf des WM-Turniers
ITALIEN:
"La Republica": ""Ciao ciao Weltmeisterschaft. Jetzt scheint alles unvergesslich. Aber - einmal abgesehen von Italien und Frankreich - was wird uns wirklich von diesen Weltmeisterschaften 2006 in Erinnerung bleiben? Die deutsche Menschenmenge etwa. Ein diszipliniertes Meer von Fans. Sie wirken immer so, als hätten sie eine natürliche Fernbedienung. Die Furcht, die daraus entsteht, ist, in wessen Händen der Kontrollknopf letztlich landet."
"La Gazzetta dello Sport": "Diese Weltmeisterschaft hat uns viele einfache Dinge gelehrt. Dass der Fußball ein Mannschaftssport ist zum Beispiel und dass elf motivierte Männer mit demselben Ziel und in der richtigen Zusammensetzung mehr wert sind als elf Fußball-Superstars, bei denen jeder nur für sich selbst spielt. (...) Das freudige Endspiel hat noch einmal die Überzeugung gestärkt, dass Deutschland als Nation diese Weltmeisterschaft in punkto Heiterkeit und Organisation gewonnen hat (...)."
GROSSBRITANNIEN:
"The Times": "Alles in allem sind sie nicht so schlecht, die Deutschen. Unsere angelsächsischen Brüder waren patriotisch und leidenschaftlich, aber sind rücksichtsvoll, unaggressiv und freundlich geblieben. Ihre Fußballer waren unterhaltsam, und ihre Fans haben Party gefeiert. Fantastisch."
"The Guardian": "Es wäre zu einfach zu sagen, dass die Weltmeisterschaft Deutschland ermöglicht hat, sich selbst wieder zu mögen. Dieser Prozess war von sehr langer Dauer, und wir können die Schwierigkeiten nur ahnen. Aber beim Betrachten der verrückten Ausgelassenheit, die nach dem Erfolg des Gastgeberlandes im kleinen Finale über Portugal in den Straßen von Berlin ausbrach, kommt man kaum daran vorbei festzustellen, dass dieses Land in den vergangenen fünf Wochen eine unumkehrbare und grundlegende Veränderung durchgemacht hat."
"The Daily Telegraph": "Der Platzverweis für Zinedine Zidane hat die große Party verdorben. Aber auch wenn sie ein wenig zufrieden stellendes Ende genommen hat: Diese Weltmeisterschaft ist es würdig, mit einem Lächeln in der Erinnerung zu bleiben, und zwar nicht allein in Rom, Neapel und Turin. Auch wenn das Finale im Olympiastadion von Adolf Hitler stattfand: Es liegt genügend Zeit zwischen der 11. Olympiade und der 18. Fußball-Weltmeisterschaft, um nach vorn zu schauen. Für die jungen Berliner ist dieses Land ihr Land - und nicht das Eigentum von dunklen Schatten, die vor sieben Jahrzehnten auf der Ehrentribüne saßen."
SPANIEN:
"El País": "Es war die beste WM mit dem schlechtesten Fußball. Es bleibt das Gefühl, das Spielfeld sei zu groß für einen so kleinen Ball gewesen. Es hat aber kaum schlechte Nachrichten gegeben. Die Zwischenfälle waren minimal, und das Fest des Fußballs konnte friedlich in den Kneipen und auf den Straßen gefeiert werden, schließlich waren alle Deutschen bemüht, so wie Jürgen Klinsmann zu sein. Das freundliche Image des Nationaltrainers war entscheidend dafür, dass die WM-Teilnehmer glücklich nach Hause zurückgekehrt sind. Deutschland war diesmal weder arrogant noch verbittert. Es war der beste Gastgeber und hat das Gesetz des Fußballs akzeptiert, auch wenn dieses diesmal nicht auf seiner Seite war."
ARGENTINIEN:
"Clarín": "Franz Beckenbauer, der Kaiser, war das Gesicht der Weltmeisterschaft. Er reiste unermüdlich kreuz und quer durch Deutschland, nahm an jeder Zeremonie teil und war bei jedem Spiel im Stadion. Die verdiente Anerkennung kam, nachdem die Deutschen den dritten Platz erzielt hatten, und die Zuschauer im Stadion von Stuttgart diesem exzellenten Repräsentanten des Gastgeberlandes lange und verdiente Ovationen darbrachten."
"Clarín": "Es erscheint nicht mehr so bedeutend, wo eine WM statt findet, denn sie ist nicht mehr nur eine Attraktion für die Zuschauer vor Ort. Die modernen Weltmeisterschaften sind in erster Linie eine Exportmaschine von Bildern und Gefühlen, die an jedem Ort der Erde im Fernsehen abgerufen werden können. Die gastgebenden Länder, in diesem Fall Deutschland, werden deshalb in Szene gesetzt für den weltweiten Konsum. Die Deutschen sind dabei nicht gescheitert. Die Stadien waren perfekt, immer voll, es gab keine größeren Skandale, nicht einen Schatten von Terrorismus und viele Straßenfeiern. Einige sehr toll, einige langweilig und ein schlappes Finale. All dies zusammen brachten Fifa-Präsident Joseph Blatter dazu, diese WM etwas übertrieben als die beste der Geschichte zu bezeichnen."
"La Nación": "Fast eine Millionen Menschen versammelten sich am Brandenburger Tor, um ihre Mannschaft zu ehren, die Platz drei erzielt hat. Tausende und tausende deutscher Flaggen, die von einem Meer junger Leute zwischen Siegessäule und großem Tor geschwenkt wurden, mischten sich mit den Bildern von der zu Ende gehenden WM. Die Menschen wollten unbedingt ihren Spielern danken, die viel mehr erreicht haben, als sie erwartet hatten. Klinsmann zum Weitermachen bewegen. Es war eine gigantische Show an einem magischen Sonntag. Für bittere Fragen war kein Platz, nur für lachende Gesichter."
ECUADOR:
"Hoy": "Wir reisen aus Berlin ab, und alle Vorurteile wie die von der Kälte der Deutschen sind widerlegt. Ganz im Gegenteil, sie waren beste Gastgeber. Ganz Deutschland, diese wiedervereinte Nation, hat einen Monat lang ein Riesenfest gefeiert. Es waren 30 Tage, an denen die Tourismusbranche und die Züge zum Teil an ihre Grenzen stießen, da etwa vier Millionen Fans aus aller Welt unterwegs waren. Heute ist der erste von 1459 Tagen, bis der Ball wieder rollt. Bis dahin werden uns dankbare Gefühle begleiten."
NIEDERLANDE:
"Volkskrant": "Die Deutschen hatten Recht. Die Welt war zu Gast bei Freunden. Um die Spielfelder herum war die Fußball-WM ein unglaublicher Erfolg, ob es um die Fröhlichkeit und die Farben auf den Straßen geht, die Sicherheit, den allgegenwärtigen Optimismus, die Verbrüderung zwischen Fans oder die Organisationskraft der Deutschen. Nur mit dem Fußball musste man sich irgendwie behelfen."
"Telegraaf": "Fußballerisch hat die WM nicht viel gebracht. (...) Den einzigen neuen Maßstab, den die WM in Deutschland setzte, betraf das Erlebnis. Im Gastgeberland wird alles Klinsmann angerechnet, aber auch Beckenbauer und das OK verdienen ein Lob. Sie haben das Turnier als eine Herausforderung aufgefasst, um mit allen Fans aus aller Welt ein Fußballfest zu feiern. Die von Hooligans freien Feste in allen Städten mit Fans aus aller Welt waren immer ein Höhepunkt."
SCHWEIZ:
"Tages-Anzeiger": "Was es war: Eine wunderbare Sommerparty mit vielen schönen Erinnerungen, mit starken Bildern und Geschichten, mit großen Gefühlen. Was es nicht war: großer Fußball. Vielleicht hat die WM etwas geweckt, vielleicht entdeckten wir, dass wir gerne ausbrechen würden aus dieser individualisierten Welt, dass wir mehr gemeinsam erleben wollen. Das Wir-Gefühl, das uns manchmal so fremd geworden ist, konnte gelebt werden."
"Neue Zürcher Zeitung": "Deutschland war der erwartet gute Gastgeber. Die WM hat mehr als nur Fußballbegeisterte während eines Hitzemonats in Handeln und Denken bestimmt - auch oder vor allem dank den zunehmenden Fortschritten der "Klinsmannschaft". Der für die empfindsameren Besucher oft gar kraftmeierische und bierselig laute Pop- oder Party-Patriotismus blieb allermeist natürlich. Das Flagge-Zeigen war mehr belustigend denn übertrieben nationalistisch."
"Basler Zeitung": "Mag sein, dass der schwarz-rotgoldene Kostümball sich je länger, desto mehr vom eigentlichen Ereignis abkoppelte. Und ein bisschen selbstvergessen deuteten die Deutschen am Ende ihr kleines Finale zum größten Spiel des Turniers um. Wir sehen es ihnen nach, denn sie haben es sich verdient."
ÖSTERREICH:
"Kronenzeitung": "Es waren - zugegeben - ein bissl viele Interviews, ein bissl viel Fußball und ein bissl viel Party im vergangenen Monat. Zeit, dass sich nix mehr dreht. Die Welt hat eine Pause nötig. Dringend. Und Deutschland auch. (...) Das Land kann wieder das werden, was es vor dieser WM gewesen ist. Die Deutschen werden sich statt vor den gigantischen Vidiwalls der Fan-Meilen wieder auf den Autobahnen stauen. Sie werden statt Freunde zu Gast wieder zu viele Ausländer im Land haben. Sie werden den gigantischen Umsatz der WM vergessen und wieder über den Anstieg der Mehrwertsteuer klagen."
"Der Standard": "Was noch bleiben wird? Nun, die Erinnerung an relativ unbeschwerte Sommerwochen, in denen sich die Deutschen als gute, fröhliche Gastgeber präsentiert haben. Sommerwochen, die gezeigt haben, dass Massenevents mit Konfliktpotenzial bei rechtzeitiger und richtiger Wappnung weit gehend friedlich über die Bühne gehen können - ohne martialische Machtdemonstrationen, schon gar ohne Bundeswehreinsatz. Deutschland 2006 kann ein Lehrbeispiel werden, wie von den Ordnungshütern mit Emotionen umgegangen werden soll.
"Die Presse": "Nie zuvor wurde einem durch eine Weltmeisterschaft so vor Augen geführt und bewusst gemacht, dass Fußball nicht nur ein Mannschaftssport ist, sondern ein Gesellschaftsspiel, das zumindest temporär in der Lage ist, sowohl Perspektiven der Gesellschaft als auch das Image eines Landes zu verändern, wenn nicht umzudrehen. Und das ist Deutschland, das sich zum Ziel gesetzt hatte, guter Freund aller Gäste zu sein, in einem Maß gelungen, wie das niemand erwartet hätte. ... Das Spektakel der Superlative, das alle Rekorde brach, bedeutet aber sowohl Herausforderung als auch Hypothek für alle, die an den Deutschen gemessen werden.
FRANKREICH:
"Libération": "Der Deutsche ist immer da, wo man ihn nicht erwartet. Vor der WM hatte man uns Horden von Neonazis in Aussicht gestellt, von blutdürstigen Hooligans, und zusammengeschlagene Schwarze an jeder Straßenecke. Nichts von alledem. Neonazis, Hooligans und Rassisten waren die einzigen, die enttäuscht haben, was uns nur freut. Was für erbärmliche Typen, bemitleidenswert! ... Wir müssen gestehen, wir sind schon mit einigen Vorurteilen über den Deutschen angereist, diesen seltsamen Zweifüßler, der am Zebrastreifen wartet, bis die Ampel auf grün schaltet."
TSCHECHIEN:
"Lidove noviny": "Der Sieger der WM heißt - Deutschland. Das klingt merkwürdig? Vielleicht, aber es stimmt: Die Auswahl von Jürgen Klinsmann zeigte den attraktivsten Fußball. Ansonsten bot das Turnier viel zu viele langweilige taktische Kämpfe ohne Tore."
"Pravo": "Für die meisten Deutschen endete die WM bereits mit dem Spiel um den dritten Platz. Trotzdem: Diese WM sorgte gelegentlich für Gänsehaut. Deutsche sind vom Fußball besessen."
"Mlada fronta Dnes": "Die FIFA muss die Regeln ändern, damit das Überraschungsmoment in den Fußball zurückkehrt. Nach Deutschland, das eine hervorragende WM organisierte, ist der nächste Veranstalter Südafrika eine mehr als unsichere Wahl."
RUSSLAND:
"Iswestija": "Die Weltmeisterschaft war seit 16 Jahren der erste Ausbruch von Patriotismus in Deutschland. Den letzten hatte es zur Wiedervereinigung des Landes gegeben, aber wurde die Bevölkerung wieder still und ließ die nationale Zugehörigkeit nicht mehr heraushängen. Die WM hat alles verändert. In nur einem Monat hat Deutschland das Vorurteil widerlegt, dass seine Bewohner langweilig, verschlossen und wenig gastfreundlich sind."
© dpa - Meldung vom 10.07.2006 14:06 Uhr
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