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100km Emu |
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Registriert: 18 Jun 2004 12:00 Beiträge: 6177
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Linus hat geschrieben: Jetzt weiß ich was Boris Henry meinte, zum Glück hätter er sich in Athen die Schulter beim Einwerfen ausgerenkt; wenn es ihm im Wettbewerb passiert wäre, wäre ihm wohl die Schulter um die Ohren geflogen. Und Speerwerfen (wahrscheinlich Wurfdisziplinen allgemein) sehe ich jetzt mit etwas anderen Augen.
Ich finde Speerwerfen eher uninteressant. Aber die Kräfte, die dabei eingesetzt werden, sind sicher beeindruckend und die Belastungen enorm. Frank Busemann hat sich dabei ja auch (zumindest vorübergehend) seinen Arm geschrottet.
Aus der Süddeutschen Zeitung:
So bewältigen Sie Schmerzen
mit Frank Busemann
SZ-Magazin: Erzählen Sie vom schlimmsten Schmerz, den Sie je gespürt haben. Frank Busemann: Das war 2001 in Ratingen, beim Speerwurf. Als ich den Speer weggeschleudert habe, ist etwas im Arm kaputtgegangen und mir ist schwarz vor Augen geworden. In Zukunft können die mich ohne Betäubung operieren, habe ich gedacht, das kann auch nicht heftiger sein.
Was ist denn kaputtgegangen? Man weiß es nicht so genau, weil auf den Röntgenbildern nur Durcheinander zu sehen ist. Die Vermutung geht dahin, dass Muskeln, Bänder, Sehnen und Kapseln komplett gerissen sind. Mein Arm war jedenfalls so hinüber, dass ich erst seit einem halben Jahr wieder vernünftig Zähne putzen kann...
...was hoffentlich nicht zu Zahnschmerzen geführt hat. Danke, zum Glück nicht.
Gehören Schmerzen zum Athletendasein dazu? Wer keine Schmerzen hatte, der hat nicht richtig Sport gemacht. Wobei es ja auch Schmerzen gibt, die man als positiv empfindet, zum Beispiel wenn man beim Laufen die Beine spürt. Bei Verletzungen ist das nicht so angenehm. Generell kann man sagen, dass Sportler eine höhere Toleranz entwickeln ? uns tut immer etwas weh. Ich habe jahrelang versucht, schmerzfrei zu werden, aber es ist mir nicht gelungen.
Klingt ja fürchterlich. Wie sind Sie damit umgegangen? Ich habe die Schmerzen nach hinten gedrängt. Wenn der Startschuss gefallen ist, habe ich nichts mehr gemerkt - egal wie dreckig es mir ging. Ich konnte es nicht akzeptieren, wenn etwas wehtat, auch wegen meines Ehrgeizes, ich hatte ja hoch gesteckte Ziele. Das war oft mein Verhängnis, weil sich dann erst recht Verletzungsprobleme ergeben haben.
Sie würden also nicht empfehlen, Schmerz beiseite zu schieben. Für Leistungssportler ist das bis zu einem gewissen Grad notwendig. Für alle anderen sicherlich nicht. Mir ist es in den letzten zwei Jahren gelungen, viel ruhiger mit Schmerzen umzugehen. Wenn sie da sind, bringt es nichts, so zu tun, als wäre alles in Ordnung. Und es bringt noch weniger, in Panik zu verfallen, wenn man in den Körper hineinhorcht und etwas bemerkt, das nicht sein darf. Klar habe ich die Flöhe husten gehört, wenn mich wieder eine Verletzung lahm gelegt hat, aber ich habe versucht, das mit Fassung zu tragen.
Ende Juni haben Sie Ihre Karriere beendet. Ich habe nicht nur die körperlichen Schmerzen nüchterner gesehen, sondern konnte inzwischen auch nüchtern abwägen, ob es anhand meiner körperlichen Probleme sinnvoll ist, mit dem Leistungssport weiterzumachen. Ich kam von ganz allein an den Punkt, wo ich merkte, dass ich aufhören sollte ? obwohl ich meine großen Ziele, den Zehnkampf-Weltrekord und die olympische Goldmedaille, nicht erreicht habe. Ich habe dann ein Buch über meine Laufbahn geschrieben, über die schönen Erlebnisse, aber auch die schmerzhaften. Diese offensive Beschäftigung mit dem Schmerz, mit der Trauer ? das war wie Balsam. So fiel mir der Abschied nicht mehr schwer.
Frank Busemann, 28, gewann bei den Olympischen Spielen in Atlanta 1996 die Silbermedaille im Zehnkampf. Vor kurzem ist sein Buch »Aufgeben gilt nicht« erschienen.
http://www.sueddeutsche.de/kultur/artikel/883/17866/print.html
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