Nachtrag der Highlights der letzten Monate:
HaRoKa oder manchmal kommt es anders, als man denkt
Zuerst lief meine heikle Taperingphase relativ glimpflich ab, doch ein anstrengender 13-Stunden-Tag am Donnerstag sowie einiger Ärger am Freitag und auch die ziemlich unklare Wettervorhersage ließen meine Vorfreude auf Roth dahinschmelzen. Ich war am Freitagabend völlig platt und entnervt. Also fast wie üblich, nur diesmal aus anderen Gründen Herzblatt sprach ein Machtwort, weil sie insgeheim genau wusste, was ich doch wirklich will und so fuhren wir am Samstagfrüh nach Roth. Alles problemlos, Sonne sehr drückend mit späterem Gewitter, aber die Vorhersage für Sonntag mittlerweile doch wieder ziemlich gut. Am Nachmittag ruhte ich mich bei unserer Homestay--Familie ausgiebigst aus und sammelte so auch mentale Energie und Motivation. Jetzt war ich angekommen.
Sonntag. Nette Treffen mit u.a. Anja, viele Prominenz wie Jonas, Chris Nickic und überraschenderweise auch Markus, der mir noch viel Glück wunschte
Schwimmen
Anangs orientierte ich mich an einem gelben Schlauchboot, an dem ein Behinderter gezogen wurde. Allerdings war der Schwimmer letztlich zu schnell für mich, als die erste der vielen hinteren Startgruppen ankamen. Interessant fand ich, dass wohl einige Vorschwimmer die Richtung angaben und dann jeweils eine größere Gruppe folgte. Mal Ideallinie, was mich nicht störte. Mal aber auch ziemlich rechts mit Umwegen, wo ich kraulte. Seltsam. Trotzdem hielten sich die Kontakte in Grenzen, um die Bojen schwamm ich in großen Bogen und zurück ganz knapp am Ufer. Diesmal klappte mein üblicher 4-er Zug wesentlich häufiger und ruhiger. Schwimmausstieg wieder mit ordentlicher Hilfe. Zeit 1.22.51 Std. überraschend gut und endlich mal wieder meinen Trainingsleistungen entsprechend. Der kürzliche Kraulblock hatte sich bewährt. 4 km waren für mich kein Probelm mehr.
Wechsel
Meine Wechselkleider alle total nass, warum? Egal. Supernette Helferin, die mir mein Trikot vorkrempelt und mir hilft, es auch anzubekommen. Weiter, wie oben schon geschildert. Rad
Nachdem ich mich warm geradelt hatte, lief es super. Wenig Wind, kühl, sehr gute Bedingungen. Fast 30-er Schnitt, mitunter schneller. Kalvarienberg bremst natürlich, aber dafür hatte ich ja meinen Höhenmeterblock, ging auch. Oben fing es allerdings an zu regnen, erst leicht wenig störend, dann immer stärker und mir wurde deutlich kälter. Die Muskeln machten zu. Vorsichtiges Kurvenfahren auf den nassen Straßen und jedes Mal, wenn ich überholt wurde, spritzte mir auch noch der Dreck und die Nässe ans Rad und auf mich. Nervend. . Trotzdem 90 km Runde 1 in ca. 3.06 Std., für mich super gut .
Doch jetzt kippt meine Stimmung bald extrem. Ein für mich völlig neues und unerwartetes Problem des Platzens Nicht von meiner Leistung, dies wäre ja nichts Neues. Nein, von meiner Blase, und dass, obwohl ich, wie geplant, bisher nur eine Radflasche trank. Pinkeln half überhaupt nichts, der extreme schmerzende Druck war sofort wieder da. Ich hatte später das Gefühl meine Blase platzt noch wirklich und traute mich schon gar nichts mehr zu trinken. Dann allerdings wäre meine Energie irgendwann weg. Mist . Das Rad bringe ich noch heim, aber Laufen? In T2 wieder äußerst nette Helferin, die mir sogar meine Beine warm massiert und mich aufmuntert. Anschließend extrem lange Dixie-Klo Pause. Etwas besser, aber immer noch mit arg hohem Druck. Laufen oder wie man die Fortbewegung zu Fuß auch nennen mag
Jetzt merke ich die Ursache. Meine Füße sind kalt und warum auch immer, hindern mich an einer richtigen Blasenentleerung. Kaum bin ich warm gelaufen, klappt es plötzlich doch wieder. Blasendruck weg .
Energie allerdings auch . Fast drei Stunden schon keine nennenswerte Energie-oder Wasserzufuhr. Das kann ja heiter werden. Herzblatt, Innez und Herzdame Andreas getroffen. Geschauspielert und weiter. Mein Geheimmittel, jetzt im richtigen Test. Dextrose-Traubenzucker-Würfel. Der erste haut richtig rein, Energie wieder da. Ich laufe immerhin noch einen 6.30 min/km Schnitt. Am Kanal ist es leider oft öde, gerade, wenn man eh zu kämpfen hat. Bis km 12 will ich kommen. Dann könnte ich ins Gehen wechseln, da ich beim Radeln mit 6.30 Stunden rund 30 Minuten flotter war als letztes Jahr. Alle 4 km einen Traubenzucker-Würfel. So mein Plan.
Zurück an der Lände. Jetzt Richtung Schwanstetten. Mein ungeliebtester Streckenabschnitt. Die entgegenkommenden sind schon viel weiter und für mich zieht es sich so furchtbar lang. Einen Kilometer noch laufen. Dann noch einen und noch einen. 15 km eine übliche Trainingsrunde. 18 volljährig. 19 Wende. 20 eine schöne Zahl. 21 die Hälfte usw. Ab der Wende probiere ich Salzstängchen mit etwas Wasser, mal Nüsse, wieder Traubenzucker. Jetzt bin ich auf der richtigen Seite, klatsche Anja und andere Bekannte ab. Merke eine neue Luft kommen. Natürlich nur relativ, indem ich einfach weiter trabe, 7-7.30 min/km. Immer noch wesentlich schneller als Gehen. Km 25 Lände, treffe wieder Herzblatt, trinke etwas Sprudel, mundet mir besser. Jetzt kommt wenigstens immer wieder Abwechslung (bis auf die ungeliebte Wendepunktstrecke im Wald) und die Streckenlänge wandelt sich in positive Energie um,so viel schon hinter mir. Bergrunter, kleiner Hügel hoch. Km 30. Richtung Büchenbach. Km 33. Vor dem Anstieg wechsle ich ins Gehen. Gerade ist mir der Mund zu trocken, der Anstieg zu steil, das Ankommen zu wichtig. Treffe wieder Innez als tolle zweite Supporterin und wandere. Erst kurz vor dem Stadion wechsle ich schwerfällig ins Traben, der Stadionsprecher kündigt mich euphorisch als Sportler mit MS an. Die Zuschauer klatschen und rufen begeistert. Genial. Finish nach 5.33 Std. Lauf/Trab/Wandern und gesamt nach 13.40.56 Std. Sehr erschöpft, aber hochzufrieden. Immerhin über 90 Minuten weniger langsam als Roth 2023.
Karwendelmarsch/lauf - die 10-Sekunden Dramen
Ich mache es trotz aller Liebe zu meinen Leser*innen wirklich nicht absichtlich immer so spannend, aber Karwendel bot schon wieder neue "Dramen" mit ungewissem Ausgang.
Zeitsprung: Nach ungefähr 39 Kilometern, 2.200 Höhenmetern und über 8 Stunden in der finalen "Wand". Enger, schmaler Pfad. Die Sonne glüht, für mich ist maximale Konzentration nötig, um nicht zu stürzen. Echte Absturzgefahr droht zwar nicht, sonst hätte ich diesen Weg eh nicht gewagt, aber angenehm wären die Folgen trotzdem nicht gewesen. Plötzlich, innerhalb von vielleicht 10 Sekunden, signalisiert mein Körper: Aus, Ende, ich mag nicht mehr . Beine schwer, Kreislauf am Kippen. Und das heute schon zum zweiten Mal. Diesmal aber an einer deutlich heikleren Stelle.
Auf den Pfad legen wäre doof. Hinter mir kommen immer noch etliche Sportler*innen. Ein Superstau wäre vorprogrammiert. Nach der nächsten Biegung ist der Weg minimal breiter, eine schmale Stelle an der Wand zum schräg Hinsetzen. Durchgang für die anderen gewährleistet. Sofort gemacht. Durchschnaufen, hoffen, aber auf was? Bergrettung mit Sybenwurz? Das muss ja wirklich nicht sein, das wäre zu blamabel. Was nun?
Doch zuerst die Vorgeschichte. Am Freitag stressige Anfahrt, heiße Sonne, zuviele Nickligkeiten. Ich bin total platt. Herzblatt und unsere Wanderfreundin lassen mich ausruhen und gehen shoppen. Die einheimische Wirtschaft durfte sich freuen und ich mich erholen.
Samstag 6 Uhr, Start in Scharnitz. Vorne die Läufer. Ich wieder, wie vor 8 Jahren, am vorderen Ende der nachfolgenden Marschierer. Die ersten 3-4 KM ist noch alles eng, viele "Brustschwimmer" packen trotzdem schon ihre Stecken aus und stochern seitlich, neben oder auf andere Füße, halten sie quer zum Richten oder gehen nebeneinander, so dass Überholen oft nicht oder nur mit Wartezeiten möglich ist. Egal, so laufe ich schon mal nicht zu schnell los. Meine sind noch im Köcher am Laufrucksack. Dann wird der Weg breiter, herrliche Landschaft, relativ eben, ich trabe jetzt. Bei KM 13 äußerste Aufmerksamkeit. Hier stolperte und stürzte ich damals blutig. Diesmal nicht. Ab KM 15 wird es steil. Ich marschiere ab jetzt mit meinen Stecken und trabe nur, wenn es mal nicht ganz so steil ist. Dass heute nicht mein bester Tag ist, merkte ich allerdings schon von Anfang an, an einem erhöhten Puls. Sonst läuft es aber ganz ordentlich.
Später beim sehr steilen, arg sonnigen Aufstieg zur Falkenhütte begehe ich die nächste größere Dummheit. Eine andere schon länger, ohne es zu wissen. Ich verzichte darauf meine Laufkappe, natürlich wie immer eine mit Challenge Roth Aufdruck , zu wässern, weil mir die Wartezeit an der Tränke zu lang ist.
Doch nun, innerhalb kürzester Zeit, von noch ambitioniert, schalten meine Systeme auf höchste Alarmstufe Kreislauf. Sofort reagieren zu müssen, hatte ich früher schmerzvoll gelernt . Hier ist es noch kein Problem, sehr breiter Weg. Ich setze mich an den Rand an eine halbwegs schattige Stelle, lehne mich zurück, beruhige meinen Puls, trinke Iso, kaue ein Traubenzuckerstückchen. Mein Allheilmittel wirkt auch diesmal. Nach eingen Minuten fühle ich mich wieder gut und gehe weiter. Die Hütte mit einer Verpflegungsstelle ist eh gleich da. Dort versuche ich meinen anderen Fehler zu korrigieren. Ich trank bis dahin nur die gewohnte Minimalmenge, wie im Training, aber dies war heute, warum auch immer, viel, viel zu wenig. Nun kommt allerdings der Grund, warum ich Karwendel nie wieder machen werde. Also kein wachsweiches, wiederrufbares "Nie wieder" wie beim Zieleinlauf eines Marathons oder Ironmans , sondern diesmal ein definitives. Dummerweise nahm ich mir dies schon 2016 während des Rennens genauso sicher vor, nur verblassten die herbsten Gründe 8 Jahre später. Außerdem war es ein besonderer Wunsch von Herzblatt, es noch einmal zu wagen. Und, da sie mich sonst ja so liebevoll und vorbildlich betreut kann ich schlecht nein sagen.
Waren die Abstiege bisher nicht ganz so steil und holprig, überfordern sie nun meine eingeschränkten Reflexe. Trotz guten Schuhen und Laufstecken muss ich sehr aufmerksam und entsprechend langsam absteigen, während die meisten locker flockig runter rennen. Allein schon der Gedanke an meine alten Sehnen und Gelenke würde mich schaudern lassen. Nun, dies war von vornerein zu erwarten gewesen. Ich bemühe mich nicht zum "Brustschwimmer" zu mutieren , vermeide mitunter die Idealwege und gehe am Rand oder lasse immer wieder die Schnelleren vorbei. Trotzdem stolpere auch ich gelegentlich, fange mich aber zum Glück immer rechtzeitig auf. Nur, jetzt so oft überholt zu werden und meine bis dahin immer noch gute Zwischenzeit, wie Butter in der Sonne dahin schmelzen zu sehen, ist frustrierend
Nach 35 km, 1.500 HM und 6.40 Std., beim Zwischenziel in der Eng hätte ich, ohne ein DNF zu kassieren, aufhören können. Allerdings musste man diesmal den Transfer vorher buchen und unsere waren ab Pertisau geplant. Also habe ich mich wieder ausgiebig gewässert und bin weiter. Konditionell und kreislaufmässig ok, standen jetzt nahezu 700 HM am Stück an. Erst breite Wege, dann 500 HM in der "Wand". Ein krasses Gefühl, wenn man dann am Anfang nach hoch oben schaut und sich dort in luftiger Höhe Menschen bewegen. Fehler Nummer 3. An der VP bei der Alm vergesse ich meine Softflask mit Wasser aufzufüllen. Dies werde ich später bereuen, mit den anfangs geschilderten Folgen.
Und nun, von da ab wieder weiter. Ich sitze, fühle mich erstmal hilflos. So ziemlich die ungünstigste Stelle, des Karwendelmarsches, um schlapp zu machen. Die ersten gehen, ähnlich apathisch, an mir vorbei. Andere fragen freundlich, wie es mir geht und ob ich Hilfe brauche. Ich will, wie üblich, erst wieder meine Puls beruhigen, kaue wieder ein Traubenzuckerstückchen und trinke noch etwas, mittlerweile warmes Iso. Ich antworte, dass ich erst einmal abwarten will, wie es sich entwickelt. Dann kommt eine sportliche Wanderin von oben, frägt auch sehr liebevoll und ausgiebig und meint, dass sich nur eine Kehre weiter ein Helfer von der Bergwacht befindet. Der Zuspruch hat mich sehr gefreut. Mittlerweile war die Ampel wieder auf vorsichtig grün. Ich stehe auf und gehe weiter. Der Mann von der Bergwacht kümmert sich schon um einen anderen Sportler, aber ich brauche mittlerweile keine Unterstützung mehr. Genauso krass, die heute unendlich schienende Wand ist kurz danach zu Ende, der höchste Punkt der Strecke erreicht. Wieder mühsam bergab, da kann sich mein Kreislauf aber auch erholen, so langsam ich da bin. Meine Schwäche hat so also auch ihre gute Seite . Bei der nächsten VP auf einer Alm trinke ich 5 Becher Wasser und lasse meine Softflask auffüllen, da spricht mich der Helfer im Hinblick auf meine Rothkappe an: "Ah, auch ein Triathlet". Wir kommen ins Gespräch und ich erfahre, dass er ein 9-Stunden-Finisher ist, aber auch den Karwendellauf schon in 4 Stunden bewältigte. Wohl ein ehemaliger Sieger.
Nun folgt ein extrem rutschiger und steiler Abstieg auf Sand und Schotter, doch ich gehe mittlerweile in aller Ruhe. Ich will ohne Sturz finishen. Die letzten 9 km sind relativ flach oder leicht abfällig mit guten, breiten Wegen, gefühlte "Autobahn". Mir geht es mittlerweile kreislaufmässig und muskulär wieder erstaunlich gut (relativ), also fange ich an zu traben. Dies konnte ich die letzten Wochen bestens üben. Jetzt bin ich dauernd am Überholen, die Laune ist gut, ebenso die Zuversicht. Ich habe ein neues Zeitziel, bleibe dran, trabe und trabe, die letzten 5 km im Schnitt von 6.40 min/km. Ein KM vor dem Ziel überhole ich einen Sportler, der mir besonders freundlich seine Hilfe anbot, bedanke mich noch einmal. Er wundert sich dafür, dass es mir schon wieder so gut geht. Zieleinlauf nach 10.18 Stunden, 52 Km und 2281 HM, trotz allen Widrigkeiten wieder geschafft, sogar mit einer Platzierung im Mittelfeld.
Ende? Nein. Das, sogar noch wesentlich spannendere, Geschehen lief an anderer Stelle ab. Herzblatt und ihre Freundin wollten unbedingt noch einmal nach Pertisau, allerdings wurde heuer das Zeitlimit in der Eng für die 35 KM und 1.500 HM auf 8 Stunden deutlich verkürzt, für normale Wanderer fast nicht zu schaffen. Sie mussten auf die letzten Verpflegungsstellen verzichten, hetzten die Abstiege rasant runter und waren gerade noch 10 Sekunden vor dem Verbot eines Weitermarschierens durch. Kurioserweise hatte Herzblatt ebenso an den wohl gleichen 2 Stellen Kreislaufprobleme, die sie auch ähnlich in den Griff bekam. Sie knickte, mit Besenwagenbegleitung, später mehrmals um und holte sich einige blutige Schrammen. Auch sie und ihre Freundin konnten am Ende noch Zeit durch Traben gutmachen und finishten in Pertisau 70 Minuten vor dem Zeitende . Alle 3 erfolgreich und zufrieden im Ziel, die Blessuren eher kurzfristiger Natur. Trotzdem, für uns war es dies dann auch mit Karwendel. Mission erfüllt
_________________ Für den Kuchen nach dem Sport
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