Der Zucchini Lauf
- Der Umweg ist das Ziel -
Das sonnige Wochenende habe ich für einen Besuch in Hannover genutzt, wobei mir der
"Cruiser" wieder mal gute Dienste geleistet hat. Der Rückweg am Sonntag "Morgen" war allerdings sehr norddeutsch: Es war zwar immer noch so flach wie auf dem Hinweg, aber der Wind hatte sich wieder einmal erinnert, dass ich sein Gott bin. Freundlich pustete er mir auf der ganzen Strecke entgegen, so dass ich permanent mit dem kleinen Blatt unterwegs war, und für rund 60km fast drei Stunden benötigt habe. Danach hatte ich keine Lust mehr auf meinen sonntäglichen "long" Jog - zur Zeit sind das etwa sieben Kilometer - sondern habe lieber die leeren Kohlehydrate Speicher mit einer Dose Bier wieder aufgefüllt, und mir die letzten Entscheidungen in London angesehen.
Der "long" Jog musste also gestern nach dem Schwimmtraining nachgeholt werden. Die ersten 500m bis zum Park fühlten sich noch etwas zäh an, doch dann traf ich "Gonzo", einen der genialsten Playmaker, mit dem ich in einem anderen Leben mal zusammen Ball gespielt habe, dessen richtigen Namen ich noch nie gewusst haben, und den ich seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen hatte. Wie ich hatte er die Zeit genutzt, um mit dem Ballspielen aufzuhören. Im Gegensatz zu mir war er in der Zwischenzeit aber etwas "gewachsen". OK, bei ihm konnte man das im Gegensatz zu mir sehen. Ich zumindest. Denn ich sehe da überhaupt keinen Unterschied zu meine glorreichen Zeiten Zeiten als "Air Chris". Nur mein Waagnerli erzählt mir jeden morgen etwas anderes. Aber ich glaube, sie lügt, sie ist ja nur ein kleines Maschinchen, das nichts wissen kann von Messunsicherheiten, Toleranzbereichen und lokalen Inhomogenitäten im Gravitationsfeld der Erde.
Ich fühlte mich wegen meines geringeren Wachstums also gleich viel besser. Aber das war noch nicht alles. Wir redeten so ein wenig, über Sport natürlich, und Gonzo meinte dann:
"Sag mal, machst Du das eigentlich richtig? Ich meine, so mit Halbmarathon - meine Frau ist gerade einen gelaufen, deswegen habe ich jetzt auch angefangen! - oder Marathon oder so?"
Lügen ging ja nun nicht...
"Ich habe schon zwei Ironman gemacht..."
Luschen - also alle, keinen Triathlon machen, d.h. eigentlich nahezu alle, was einem natürlich nicht zu denken gibt, und erst recht nicht zur Umkehr bewegt - kennen den Unterschied nur IRONMAN(!!!) und einer Langdistanz nicht. Die HDWs (Herren der Welt = Triathleten) kennen den Unterschied zwischen einem IRONMAN(!!!) und einer Langdistanz ehrlich gesagt auch nicht, aber sie bezahlen gerne ein wenig mehr, weil nur ein IRONMAN(!!!) Megaperls enthält und von Zahnarztfrauen empfohlen wird. Außerdem klingt IRONMAN(!!!) für Luschen hoffentlich viel cooler.
Jedenfalls war Gonzo sichtlich beeindruckt, und er war auch so nett, es mir zu sagen. Er war sogar so beeindruckt, dass peinliche Fragen ("Wie lange hast Du denn in Roth für die Laufstrecke gebraucht?") ausblieben. Wir verabschiedeten uns, und waren uns sicher, dass wir uns demnächst ja wieder öfter beim Laufen sehen würden.
Die kleine Pause hatte gut getan. Hoch motiviert, gut gelaunt und überhaupt nicht mehr müde trabte ich meine Runde zu Ende.
Am Ende musste ich nur meine kleine Spezialschleife einlegen, weil dieser vermaledeite Bahnübergang kurz vor Schluss geschlossen war. Wenn ich nach Hause will, ist meine Spezialschleife, mit der ich diesen blöden Bahnübergang immer umgehe, zwar nur ein Umweg von höchstens 100m, aber ich war trotzdem leicht genervt. Das ist wohl so eine Prinzipiengeschichte, denn dieser Bahnübergang ist sehr deutsch, sehr dumm, und noch viel vorschriftsmäßiger. Zu unser aller Sicherheit bleibt er immer lange geschlossen, wirklich lang, unendlich und nervtötend lang. Grausam! In der Zeit zwischen den Bimmeltönen, die das Schließen und das anschließende Öffnen weit hörbar machen, habe ich schon bis zu 1,5km laufend zurück gelegt.
Alle paar Monate verliert dann jemand die Nerven, meint er wäre schlauer als die programmierte Kontaktschleife, welche die Schranke automatisch schließt, glaubt, er könnte ein paar hundert Tonnen Stahl in Bewegung überlisten. Er klettert flink über die Schranken, oder huscht beim schließen noch schnell drunter durch. Und wird dann von Regionalbahn, die hundert Meter entfernt gerade los gefahren ist, überfahren. Nach so einem tragischen Ereignis, wird dann jedes mal die Sicherheit erhöht, und die Schranke noch etwas länger geschlossen.
Die Chaoten, Revoluzzer und Querdenker aus unserem Viertel sind alle schon von der Regionalbahn überfahren worden. Die Überlebenden, brave Bürger, und Ergebnis hier sehr unmittelbar wirkender Evolution, bleiben immer länger vor der Schranke stehen, sichern so das Fortbestehen der Art. Selbst wenn ich nach meiner kleinen Spezialschleife, die ein paar hundert Meter weiter unter eine Eisenbahnbrücke hindurch führt, nicht nach Hause laufe, sondern den Umweg zurück zum Bahnübergang mache, um ihnen zum Abschied noch einmal von der anderen Seite zu zuwinken.
Gestern hatte ich aber keine Lust, die Herde vor der Schranke zu ärgern, und trabte durch die kleine Schrebergartenkolonie, durch die meine Spezialschleife führt. Dort hatte jemand hatte so viel Glück mit seiner Ernte gehabt, dass er andere daran teilhaben ließ:
Dateianhang:
Dateikommentar: Die Leichthanteln
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Ausnahmsweise bin ich doch mal einen Kilometer mit Hanteln - beide wiegen mehr als ein Kilo - gelaufen. Nun brauche ich noch ein paar Rezepte für Zucchini.
Oder was sind das sonst für Hanteln?