Hab ihn schneller gefunden als gedacht!!
Bonn 2004
Nachdem ich mich im letzten Jahr von Wettkämpfen ferngehalten hatte, reifte im Frühjahr
diesen Jahres die Idee mich einmal an einer MD zu versuchen. Aus den Schilderungen aus
dem Forum und der Nähe zu Aachen entschloss ich mich also: "Ich mache in Bonn mit!".
Wild drauflostrainiert, wenig Struktur aber immer Spaß dabei.
Der 20. Juni stand also unmittelbar bevor, Sachen gepackt (Arbeitet immer nur mit EINER
Checkliste, bei 3 Listen verliert man den Überblick!) und noch einmal nachgerechnet ab wann
meine Freundin eine Vermisstenanzeige aufgeben sollte. Meine Schätzungen anhand meiner
nicht vorhandenen Trainingsaufzeichnungen ergaben eine Endzeit von 3:27h - 4:05h, na
wenn das keine genaue Angabe ist!! Mein ZIEL: UNTER 4h und ohne Verletzung
Heimfahren
Die letzte Nacht vor dem Start schlafe ich normalerweise immer sehr schlecht, dieses mal war
aber alles anders...ich schlief 6h durch und war auch morgens nicht allzu aufgeregt. Okay das
Frühstück wollte ich erst wieder ins Klo spucken, aber das lag sicher nur an der Uhrzeit.
Um 6:15Uhr saßen wir dann endlich im Auto und fuhren gen Bonn- meine Freundin am
Steuer, mein Fuß permanent im Bodenblech (Warum haben Beifahrer eigentlich keine eigene
Bremse? - Hoffentlich liest sie das hier nie!)
In Bonn angekommen, Startunterlagen holen, Hinweise zur Radstrecke NICHT lesen und WZ
einrichten- Schwimmausstieg ansehen und den Weg zum Rad einprägen. So meine
Vorgehensweise- der geplante Gang zum Klo dauerte dann aber doch "etwas" länger, da etwa
20 Leute vor mir auf den einzigen Thron im Männerklo wollten. Egal! Ich warte, man kann ja
schließlich nur im Neo pinkeln, das andere geht nicht!
Schwimmen:
Als ich da so auf der Fähre stand kam dann aber dann doch etwas Nervosität auf - habe ich
genug trainiert? Hält das Material? - Die Minuten bis zum Ablegen kamen mir dadurch
endlos lange vor und auch als wir dann den Rhein runterfuhren, dachte ich :"Los fahr nochn
Kilometer, dann ists nicht mehr so weit" Dann - endlich - das Runterzählen vor dem Start
*schluck* 3 - 2 - 1 -0 ...die Reihen bewegen sich! Dann der Sprung in den Rhein und mein
Körper meldete: Kalt und schmeckt nicht gut! Also erst mal mit rhythmischen Bewegungen
anfangen und über Wasser halten, lass die Heizer erst mal weg. Nach ein paar Metern Kraul
dann *PATSCH* die erste Welle, genau während meiner Atemphase, jedoch ging es gut und
ich bekam trotzdem noch Luft. Während ich mich so freue, dass ich weiterschwimme,
*PATSCH* die nächste Welle- und endlich!! Lautes Husten, Atemnot und Schnauze voll
(Wäre am liebsten heulend ans Ufer gepaddelt und hätte meine Mama angerufen).
Um das ganze Abzukürzen: Ich bin dann erst mal 50m Brust geschwommen um wieder Luft
zu bekommen. Dann der 2. Versuch Kraul zu schwimmen und siehe da es klappte, zwar nur
langsam aber ich soff nicht ab (und!) ich war nicht Letzter! Vorbei am Brückenpfeiler merkte
ich dann erst wie stark die Strömung war. COOL wie schnell der an einem vorbeizog!! Den
Rest der Schwimmzeit verbrachte ich dann mit Schwimmautoscooter, d.h. ich bin möglichst
häufig gegen andere (arme) Mitschwimmer gepaddelt, da ich mir das mit dem
Geradeausschwimmen irgendwie einfacher vorgestellt hatte- und wo verdammte Axt ist noch
mal der Ausstieg? Denn das weiße Schiff, was ich mir als Orientierungshilfe gemerkt hatte,
schipperte derweil an mir vorbei und schubste mir als Abschiedsgruß noch ein paar Wellen in
die Nase. Also was nun? Im Forum hatte jemand geschrieben: "Wenn du das Chinaschiff
siehst, rechst abbiegen, sonst geht's nach Kölle!" Dummerweise hebt sich dieses Schiff für
einen rotgrünblinden Menschen mit beschlagener Brille kaum vom Wasser ab- so dass
ich mich an den Anderen orientierte, die plötzlich alle nach rechts rüberzogen. Als ich dann
einem Kajakfahrer fast gegen das Paddel geschwommen wäre, beschloss ich dann auch mal
so langsam zur Rampe zu schwimmen. Endlich Land! Ein beherzter Griff eines Helfers und
ich hatte das Schlimmste hinter mir- dachte ich!! Ein Blick auf die Uhr: 31min - ganz ok für
mich, aber nicht berauschend!
Rad:
Der Wechsel lief relativ problemlos ab, auch wenn ich nicht besonders schnell war (Sollte ich
vielleicht doch mal trainieren). Beim Aufsteigen unterließ ich dieses mal sogar das bei mir
obligatorische Prellen der Weichteile! Und konnte somit gleich ordentlich treten...angespornt
durch die Zuschauer im Wohngebiet, konnte ich es so richtig krachen lassen... GEILES
GEFÜHL!!! Wenn man 45 über ne große Kreuzung ballern und die Autos warten müssen!
Bei Kilometer 3 etwa sah ich vor mir Ingo ausm Forum- der war direkt nach mir aus dem
Wasser gekommen- also ein möglichst cooles Gesicht aufgesetzt und dran vorbei...Ingo, wenn
du das liest, mir gings Scheiße!!! An den ersten Steigungen machte sich dann endlich auch
das Rumgefahre in der Eifel bezahlt, denn ich konnte eine Menge vor mir liegender Athleten
einsammeln. So ging das eigentlich auch ganz gut weiter- bis ca. km 27, ab da war irgendwie
der Druck weg, ich trampelte wie ein Ochse, aber die ganze aufgewendete Energie wandelte
sich nicht in Geschwindigkeit um! Als ich dann in einer scharfen Rechtskurve auf einmal mit
dem Hinterrad den Bodenkontakt verloren hatte und es mir erst im letzten Augenblick gelang
das Rad zu fangen, sah ich es: Ein Plattfuß!!! Das darf doch nicht wahr sein, noch nie hatte
ich einen Plattfuß!! Zwar war der Reifen noch nicht ganz platt, aber den Schlauch sollte ich
auf alle Fälle wechseln. Ich hielt also an und drehte mein Rad auf den Kopf und schon
passierte das nächste Missgeschick, denn ich hatte vergessen, dass mein Jetstream ja keinen
Deckel hat. So ergoss sich mein leckeres Powerbargesöff über den Gehweg. Was dann folgte
war ein Desaster: Als erstes fiel mir auf, dass ich nur 2 Mantelheber hatte, das geht zwar auch
mit 2, aber man muss ein wenig mehr fummeln. Nachdem ich den neuen Mantel unter den
Augen eines freundlichen, alten (und neugierigem) Mann endlich reingefummelt hatte. Nahm
ich meine CO2-Patrone und PFFFFFFFF!! Toll!! Ganz toll!! Umgebungsdruck um 2Pa
gestiegen, im Reifen etwa 0,8bar...Ruhe...Scheiße! Zum Glück wies mich der alte Mann
darauf hin, dass man so nicht fahren könne! Sonst hätte ich mich die nächsten 30 Kilometer
wahrscheinlich ganz schön quälen müssen- in dem Moment sah ich es bildlich vor mir, der
Mann steckte auf einem Spieß drehte sich über einem loderndem Feuer, während sich seine
fettige Haut zu einer leckeren, knusprigen Schwarte wandelte- ( ok, ich drifte ab).
Dummerweise hatte ich auch keine 2te Patrone dabei, was also tun? DNF? Einen Mitstreiter
anhalten? LOL...nein ..Also fragte ich einen Streckenposten, ob er eine Pumpe hätte. Und er
sagte, er hätte sogar einen Kompressor in seiner Werkstatt. Ich, hochbegeistert, stiefel also mit
meinem Rad hinterher in seine Garage- und was sehe ich? Nen Riesenkompressor (so ein
altes Kolbenteil) mit einer Druckluftpistole für Autoventile! Wieder Mist...soll ich aufgeben?
Nein! Also Rad geschnappt und schiebenderweise und teilweise langsam fahrend die Strecke
entlang, bis zum nächsten Haus, wo ein Vater mit seiner Tochter stand. Schon von weitem
rufend kündigte ich an, dass ich eine Pumpe benötige. Er stürmt also in seine Garage und holt
etwa 15cm langes aus Plastik bestehendes Rohr raus- EINE PUMPE DIE PASST!! Leider in
der Ausführung Tschibobilligware und nix für einen Triathleten in Wut. Zumindest hab ich
mit dem Teil dann 2bar in den Schlauch bekommen (Wie eine Messung Zuhause dann ergab).
In der Zwischenzeit waren natürlich Hunderte von Mitstreitern an mir vorbeigefahren, was
meine Wut noch erheblich steigerte, so stieg ich also in die Pedale wie ein Berserker...Dicke
Steigung, großes Blatt und die Muskeln schreien, alles egal, solange ich nicht noch mehr Zeit
verliere. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass die Aktion "Reifen" mindestens 15 Minuten
gekostet haben muss.
Ich hämmerte also ziemlich sinnlos in die Pedale und bekam auch ziemlich bald die Quittung,
die Beine wollten zumachen, so musste ich das Gas dann doch rausnehmen. Um die ganze
Situation noch zu toppen kamen wir dann auch noch in einen schönen kalten Regenguss.
Man hatte ich die Schnauze voll !!- Die restliche Strecke verlief dann eigentlich problemlos,
wenn man von der rutschigen Fahrbahn in einigen Kurven absah. Ach ja! Zum Schluß wäre
ich dann noch fast von einem Auto überfahren worden, dessen Fahrer(in) den Polizisten wohl
nicht gesehen hatte, der wild winkend auf der Kreuzung herumsprang. Auf der Zielgeraden
dann noch mal das volle Posingprogramm: Kette rechts...Vollgas! Und: AAH warum weicht
der vor mir aus? Ein Kind mit einem Fahrrad kullert gemütlich über die Strecke. Na ja, ist ja
noch mal gut gegangen. Runter vom rad, ab in die WZ.
Laufen:
Der Wechsel verlief weitestgehend ohne Problem, wenn man davon absieht, dass ich mir zu
meinen 2 vorhandenen Gels in den Taschen noch 3 weitere Gels packte und meine (leere)
CO2 Patrone auch auf die Laufstrecke mitnahm. (Kann ja sein, dass ich Hunger kriege)
Beim Laufen fand ich dann meinen Rhythmus nicht richtig, im 4:30er Tempo eierte ich an der
Hechelgrenze herum und war gezwungen auf 5:00min/km abzubremsen. Auf der
Gegengeraden sah ich dann den FuXX entgegendonnern. Das war irgendwie nicht so
motivierend! Da rennt einer, mit einem Lächeln im Gesicht durch die Gegend, und ist dabei
so schnell wie ein Hund, der vor seiner eigenen Kastration flieht...*Kopfschüttel*...10min
Später war er dann auf gleicher Höhe und fragte mich "Warum strengst du dich eigentlich
nicht an?". Meine möglichen Antworten darauf waren:
a) "Ich warte auf euch, um zu sehen, wie schnell ihr so lauft!"
b) "Nein danke, ist heute nur Fettstoffwechsel!"
c) "Ich gucke mir lieber die Ärsche der schnelleren an"
Ich entschied mich für a) und lief ca.20m mit (dem aufmerksamen Leser wird hierbei
deutlich, dass ich doch noch Spaß an der Sache hatte- klar! Es ging ja um nix bei mir).
Jedenfalls war mir das Tempo von FuXX dann doch zu hoch und ich beschloss wieder etwas
langsamer zu laufen. Das war etwa 1km vor dem Wendepunkt...und was sehe ich? Dominic
(Stoenggi) auf dem Weg zurück, ein kurzes Abklatschen und weiter. Ab dem Punkt dachte ich
mir dann: "Hey! So viel Zeit haste dann doch nicht verloren." Und auf einmal lief es dann
besser, so dass ich wieder ein höheres Tempo laufen konnte. Bis ich vorm Umrunden des 2ten
Wendepunktes mir einen Stein in den Schuh holte (Wozu braucht ein Läufer wie ich
eigentlich Mayflys?) und während ich da so versuche den Stein durch lustige Fuß-
verrenkungen in eine Ecke zu bugsieren, wo er nicht stört, kommt von hinten ein Läufer in
einem Orca-Elite Anzug angedonnert und brüllt freundlich: "Verpiss Dich!" - ich entgegne
ein herzliches "Arschloch!" (Ein neues Bild machte sich in meinem Kopf breit: Das
"Arschloch" stand mit heruntergelassener Hose hinter einer Kuh und f...lassen wir das) und
weiter ging es.
Auf der 2.ten Runde lief es dann endlich so, wie ich es mir vorstellte, etwa 4:15min/km mit
dem Gefühl, dass ich noch leichte Reserven für den letzten Kilometer hab. An den
Verpflegungsstellen bestellte ich ab sofort nur Cola...ah schmeckte das gut!
Bei Kilometer 12 überholte ich dann doch noch Dominic, nachdem kurz zuvor der Simon an
mir vorbeigerannt kam. Dominic habe ich dann noch zugerufen, er solle an mir dran bleiben.
Ich meinte dies durchaus ernst und wollte ihn damit keinesfalls demotivieren. Ich glaube er
hat es auch so verstanden.
Auf dem letzten Kilometer gab ich dann noch mal alles was drin war und kam nach 3:42:02h
ins Ziel.
PUH!! Geschafft, meine erste Mitteldistanz!!
Nachbetrachtung:
Wenn ich mir jetzt den WK anschaue bin ich irgendwie von meiner eigenen Leistung ein
wenig enttäuscht, da gerade auf dem Rad (wahrscheinlich meine am wenigsten Schwache
Disziplin) mir durch meine eigene Blödheit (Warum nehme ich nur eine Co2-Patrone mit und
probiere das Aufpumpen nicht vorher mal aus?) soviel Zeit verloren ging. Ansonsten kann ich
eigentlich zufrieden sein. Mein Ziel unter 4h zu bleiben habe ich erreicht und auch die
Durchschnittsgeschwindigkeit auf dem Rad lag bei 34,5km/h laut Tacho.
Meine nächste Mitteldistanz wird in Wilhelmshaven sein, bis dahin werde ich wohl noch
einige Laufkilometer absolvieren. Das Radtraining werde ich so beibehalten (ca. 180-
250km/Woche) und Schwimmen? Na ja.....wir werden sehen ?!
Ergebnis:
Startnr. Name: 55 Kallmerten, Jens
Gesamt (männlich): 293 / 41. HK
Zeit: 03:42:02
Swim: 00:31:07 Bike: 02:01:09 Run: 01:09:45
Keep on Training!!
Jens
Aachen 22.6.2004
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